Deutschland 1945 bis heute

Deutsches Reich

Deutsches Reich ist der Name des deutschen Nationalstaates zwischen 1871 und 1945. Anfangs nicht deckungsgleich, wurde der Name zugleich auch die staatsrechtliche Bezeichnung Deutschlands. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 kam die Bezeichnung „Großdeutsches Reich“ in amtlichen wie propagandistischen Gebrauch. Ein Führererlass Hitlers wies die Institutionen des Staates im Juni 1943 an, zukünftig diese Benennung zu verwenden.

Nationalsozialistische Europapläne

Die nationalsozialistischen Europapläne hatten die Neuordnung des Kontinents nach territorialen und völkischen Kriterien zum Ziel. Dabei wurde die Eingliederung zahlreicher Territorien in das Deutsche Reich, die Aus- und Umsiedlung von Bevölkerungsteilen sowie die Unterdrückung und Ausbeutung und in letzter Instanz die Ermordung einer großen Anzahl von Menschen geplant, auch unter Beteiligung der deutschen Wirtschaft.

Adolf Hitler

Achsenmächte: ‘Der Wolf’

Alliierte: ‘Böhmischer Korporal’

Der Führer

Adolf Hitler (* 20. April 1889 in Braunau am InnÖsterreich-Ungarn; † 30. April 1945 in Berlin) war ein deutscher Politiker österreichischer Herkunft und von 1933 bis zu seinem Tod Diktator des Deutschen Reichs. Ab 1921 war er Vorsitzender der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), von 1933 bis 1945 deutscher Reichskanzler, ab 1934 auch Staatsoberhaupt und ab 1938 Oberbefehlshaber der deutschen Wehrmacht.

Ab dem 16. Januar 1945 lebte Hitler meist in den Räumen des Bunkers im Garten der Alten Reichskanzlei in Berlin. Seine letzte Rundfunkansprache hielt er am 30. Januar 1945. Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt am 20. März 1945 zeichnete er 20 Hitlerjungen und 30 SS-Soldaten mit dem Eisernen Kreuz für ihren Fronteinsatz aus. Am 30. April mittags verteilte Hitler Giftampullen an seine Begleiter und erlaubte ihnen private Ausbruchsversuche. Die Wirkung des Giftes ließ er vorher an seiner Schäferhündin erproben, ohne dabei anwesend zu sein. Etwa um 15:30 Uhr schluckte Eva Braun Zyankali; Hitler erschoss sich. Martin Bormann und andere aus dem Führerbegleitkommando verbrannten wie befohlen ihre Leichen im Garten der Neuen Reichskanzlei und begruben die Überreste mit anderen Leichen in einem Bombenkrater in der Nähe des Bunkerausgangs. Das OKW meldete Hitlers Tod erst am Abend des 1. Mai über den noch verbliebenen Reichssender Hamburg und verschwieg dabei seinen Suizid. Dönitz ließ gemäß Hitlers letztem Willen zunächst weiterkämpfen, am 8. Mai 1945 erfolgte jedoch die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht. Damit endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Weltweit hatten mehr als 66 Millionen Menschen ihr Leben verloren, weitere Millionen wurden verletzt, zu dauerhaft Kriegsversehrten, obdachlos, vertrieben, deportiert oder inhaftiert. Viele Städte Europas und Ostasiens waren zerstört. Das Deutsche Reich wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt und seine Ostgebiete abgetrennt und teils unter polnische, teils unter sowjetische Verwaltungshoheit gestellt. Knapp zwölf Millionen Deutsche wurden aus den damaligen Ostgebieten vertrieben. Auch die jahrzehntelange Teilung Europas und die Deutschlands waren direkte Folgen der Politik Hitlers.

Theorien über Adolf Hitlers Tod

Randtheorien und Theorien über den Tod von Adolf Hitler, Diktator Deutschlands von 1933 bis 1945, widersprechen der anerkannten Tatsache, dass er am 30. April 1945 im Führerbunker Selbstmord beging. Die meisten dieser Theorien, die auf einer sowjetischen Desinformationskampagne beruhen, besagen, dass Hitler und seine Frau Eva Braun überlebten und aus Berlin flohen. Einige behaupten, er sei nach Südamerika geflohen. In den Nachkriegsjahren untersuchten das Federal Bureau of Investigation (FBI) und die Central Intelligence Agency (CIA) der USA einige dieser Berichte, ohne ihnen Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die Enthüllung im Jahr 2009, dass ein Schädel in sowjetischen Archiven, von dem lange (zweifelhaft) behauptet wurde, er gehöre Hitler, tatsächlich einer Frau gehörte, hat weitere Randtheorien befeuert. Während diese Behauptungen in der Populärkultur eine gewisse Verbreitung gefunden haben, gelten sie bei Historikern und wissenschaftlichen Experten als widerlegte Verschwörungstheorien. Augenzeugenberichte und Hitlers Zahnreste belegen, dass er 1945 in seinem Berliner Bunker starb.

Adolf Schüttelmayer’s flucht nach Argentinien

Ein freigegebenes CIA-Dokument vom 3. Oktober 1955 berichtete über Behauptungen eines selbsternannten ehemaligen deutschen SS-Mannes namens Phillip Citroen, Hitler sei noch am Leben und habe „Kolumbien etwa im Januar 1955 in Richtung Argentinien verlassen“. Dem Dokument war ein angebliches Foto von Citroen und einer Person beigefügt, von der er behauptete, es handele sich um Hitler; auf der Rückseite des Fotos stand „Adolf Schüttelmayer“ und das Jahr 1954. Der Bericht besagt auch, dass weder der Kontakt, der von seinen Gesprächen mit Citroen berichtete, noch die CIA-Station „in der Lage waren, die Informationen intelligent auszuwerten“. Die Vorgesetzten des Stationschefs teilten ihm mit, dass „in diese Angelegenheit enorme Anstrengungen unternommen werden könnten, ohne dass die Möglichkeit bestünde, irgendetwas Konkretes herauszufinden“, und die Untersuchung wurde eingestellt.

Grey Wolf: The Escape of Adolf Hitler

„Grey Wolf: The Escape of Adolf Hitler“ ist ein Buch von Gerrard Williams (1958–2022) und Simon Dunstan aus dem Jahr 2011. Das Buch wurde 2014 als Dokudrama verfilmt. Regie und Drehbuch stammten von Gerrard Williams, die Produktion übernahm Magnus Peterson. Das Buch und der dazugehörige Film erhielten ausführliche Berichterstattung in den britischen Medien. Offiziellen Berichten zufolge, die dem FBI vorliegen, soll Hitler bei seiner Ankunft in Argentinien zunächst auf der Hacienda San Ramón (östlich von San Carlos de Bariloche) gewohnt und dann in ein Herrenhaus im bayerischen Stil in Inalco gezogen sein, einem abgelegenen und schwer zugänglichen Ort am nordwestlichen Ende des Nahuel-Huapi-Sees, nahe der chilenischen Grenze.

Hitler’s mansion ‘Residencia Casa Inalco’

Nahuel-Huapi-See

Residencia Casa Inalco, in der Nähe der heutigen Siedlung Villa La Angostura. Der Sohn des Immobilienunternehmers Primo Capraro verkaufte das Anwesen an den Architekten Alejandro Bustillo, der das Haus Anfang 1943 entwarf. Der Plan sieht ungewöhnliche Designmerkmale vor, wie Schlafzimmer, die durch Badezimmer (und Toiletten) verbunden sind, ähnlich wie Hitlers Berghof-Residenz in Bayern. Inalco war nur über das Wasser erreichbar, normalerweise mit dem Boot, gelegentlich aber auch mit dem Wasserflugzeug. Bustillo verkaufte das Anwesen an Enrique García Merou, einen Anwalt aus Buenos Aires mit Verbindungen zu mehreren deutschen Firmen; Merou wird vorgeworfen, die Rattenlinien der Nazis unterstützt zu haben. Die Residenz wurde später an den Geschäftsmann Jorge Antonio verkauft, den Repräsentanten des deutschen Autoherstellers Mercedes-Benz in Argentinien und engen Vertrauten des argentinischen Präsidenten Juan Perón. 1970 wurde das Haus an José Rafael Trozzo verkauft, der auch Grundstücke des entflohenen SS-Offiziers Reinhard Kopps kaufte, der – ebenso wie Capraro – Verbindungen zum SS-Kommandanten Erich Priebke hatte. Die Familie Trozzo bot das Haus 2011 (im Jahr der Veröffentlichung von „Grauer Wolf“) zum Verkauf an. Zufolge transportierten mehrere U-Boote hochrangige Nazis wie Adolf Hitler und Eva Braun sowie große Mengen Nazi-Beute nach Argentinien, wo Perón den Nazis Zuflucht gewährte, da er zusammen mit seiner Frau Evita schon seit einiger Zeit Geld von den Nazis erhalten hatte. Hitler soll bei seiner Ankunft in Argentinien zunächst auf der Hacienda San Ramón gewohnt haben, einer großen Ranch östlich von San Carlos de Bariloche. Dann zog Hitler in ein Herrenhaus im bayerischen Stil in Inalco, wo er blieb, bis Perón im Jahr 1955 durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Anschließend floh er in ein noch abgelegeneres Chalet, um nicht entdeckt zu werden, als die neue Regierung in Buenos Aires mit der Suche nach mutmaßlichen Nazi-Kriegsverbrechern in Argentinien begann. Angeblich verließ Eva Braun Hitler um 1954 und zog mit ihrer Tochter Ursula („Uschi“) nach Neuquén. Hitler starb im Februar 1962.

In einer Folge von Expedition Unknown aus dem Jahr 2018 gelang Abel Basti ein seltener Ausflug in das Inalco-Haus, bei dem er außer ein paar alten Küchenutensilien im Keller kaum etwas fand. Mit einem Metalldetektor auf dem Gelände fand Moderator Josh Gates eine Nazi-Münze, was ihn zu dem Schluss führte, dass Nazis (aber nicht unbedingt Hitler) das Haus genutzt haben könnten.

Massenselbstmorde im Deutschen Reich

Massenselbstmorde im Deutschen Reich. In den letzten Wochen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs in Europa begingen viele Zivilisten, Regierungsbeamte und Militärangehörige in Deutschland und im deutsch besetzten Europa Selbstmord. Neben Adolf Hitler und vielen hochrangigen Nazibeamten wie Joseph Goebbels, Heinrich Himmler und Philipp Bouhler entschieden sich auch andere für den Selbstmord, anstatt die Niederlage Deutschlands zu akzeptieren. Zu den Motiven zählten die Angst vor Repressalien und Gräueltaten der Alliierten und insbesondere der Sowjets, die Nazi-Propaganda, die Selbstmord als besser als Niederlage darstellte, und die Niedergeschlagenheit nach Hitlers Selbstmord. Im Mai 1945 beispielsweise töteten sich vor und nach dem Einmarsch der Roten Armee in die deutsche Stadt Demmin bis zu 1.000 Menschen. Allein in Berlin wurden im Jahr 1945 über 7.000 Selbstmorde gemeldet.

Zwischen Januar und Mai 1945 wurden Selbstmordperioden festgestellt, in denen Tausende Deutsche sich das Leben nahmen. Das Magazin Life berichtete: „In den letzten Kriegstagen war die erdrückende Erkenntnis der völligen Niederlage für viele Deutsche zu viel. Ohne die Bajonette und den Bombast, die ihnen Macht verliehen hatten, konnten sie sich weder einer Abrechnung mit ihren Bezwingern noch mit ihrem Gewissen stellen.“ Der deutsche Psychiater Erich Menninger-Lerchenthal stellte die Existenz „organisierter Massenselbstmorde in großem Umfang fest, wie es sie in der europäischen Geschichte noch nie gegeben hatte. Es gibt Selbstmorde, die nichts mit Geisteskrankheit oder moralischer oder intellektueller Abweichung zu tun haben, sondern vor allem mit der Kontinuität einer schweren politischen Niederlage und der Angst, dafür verantwortlich gemacht zu werden.“

Viele prominente Nazis, Nazi-Anhänger und Mitglieder der Wehrmacht begingen in den letzten Kriegstagen Selbstmord. Andere töteten sich nach ihrer Gefangennahme. Die Liste enthält 8 von 41 Bezirksführern der NSDAP, die zwischen 1926 und 1945 im Amt waren, 7 von 47 höheren SS- und Polizeiführern, 53 von 554 Heeresgenerälen, 14 von 98 Generälen der Luftwaffe, 11 von 53 Admiralen der Kriegsmarine sowie eine unbekannte Zahl untergeordneter Beamter.

Viertes Reich

Das Vierte Reich ist eine Umschreibung für ein Reich, das auf ein Drittes Reich folgt. In der Zeit des Nationalsozialismus tauchte der Begriff in politischen Witzen auf. Durch sie wurde die nationalsozialistische Vorstellung von einer ewigen Herrschaft (die sich auch in der anderen Selbstbezeichnung Tausendjähriges Reich zeigte) verspottet. Dies führte dazu, dass die Bezeichnung Drittes Reich vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda im Juli 1939 untersagt wurde.

Bestimmte Nazi-Flüchtlinge, vor allem Otto Skorzeny und Hans-Ulrich Rudel, waren tief in Neonazi-Netzwerke verstrickt und propagierten die Errichtung eines „Vierten Reichs“ mit Zentrum in Lateinamerika. Aufgrund der von David Myatt Anfang der 1990er Jahre veröffentlichten Broschüren gelangten viele Neonazis zu der Überzeugung, der Aufstieg des Vierten Reichs in Deutschland würde den Weg zur Errichtung des Westlichen Imperiums ebnen, eines panarischen Weltreichs, das alle Länder umfasst, die überwiegend von Menschen europäischer Abstammung bewohnt sind (d. h. Europa, Russland, Anglo-Amerika, Australien, Neuseeland und das weiße Südafrika). Verschiedene Neonazis zurzeit in Südamerika hatten sich unter anderem die Errichtung eines Vierten Reichs zum Ziel gesetzt.

Karl Dönitz

Achsenmächte: ‘Der Löwe’

Nachfolger des Führers

Karl Dönitz als Großadmiral, 1943.

Karl Dönitz (* 16. September 1891 in Grünau bei Berlin; † 24. Dezember 1980 in Aumühle) war ein deutscher Marineoffizier, ab Januar 1943 im Rang eines Großadmirals und im Mai 1945 das letzte Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs.

Karl Dönitz
Karl Dönitz.

Er war einer der 24 Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Er wurde wegen Führens von Angriffskriegen und Kriegsverbrechen schuldig gesprochen und am 1. Oktober 1946 zu zehn Jahren Haft verurteilt, die er bis zum 1. Oktober 1956 vollständig verbüßte.

Anfang 1936 wurde Dönitz „Führer der U-Boote“ (ab 1939 „Befehlshaber der U-Boote“) und war in der deutschen Kriegsmarine die treibende Kraft beim Aufbau der U-Boot-Waffe. Ende Januar 1943 von Adolf Hitler zum Oberbefehlshaber der Kriegsmarine ernannt, wurde er in dessen politischem Testament vom 29. April 1945 als sein Nachfolger in den Ämtern des Reichspräsidenten und Oberbefehlshabers der Wehrmacht benannt und damit für wenige Tage letztes Staatsoberhaupt des nationalsozialistischen Deutschen Reichs.

Dönitz begrüßt Hitler im Führerbunker in Berlin im Frühjahr 1945, kurz vor seiner Ernennung zum Nachfolger Hitlers.

Nach den Suiziden von Hitler am 30. April und Joseph Goebbels am 1. Mai 1945 setzte Dönitz am 5. Mai eine bereits Ende April vorbereitete Geschäftsführende Reichsregierung unter Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk als Leitenden Reichsminister ein, die allgemein als Regierung Dönitz bekannt wurde. Dönitz autorisierte die Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht vom 8. Mai 1945. Am 23. Mai 1945 wurde Dönitz mit den Generalen des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) und den Mitgliedern der Regierung verhaftet, die in der Marinesportschule im Sonderbereich Mürwik angetroffen wurden.

Teilkapitulation der Wehrmacht für Nordwestdeutschland, Dänemark und die Niederlande

Die Teilkapitulation der Wehrmacht für Nordwestdeutschland, Dänemark und die Niederlande am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde nach Verhandlungen am 4. Mai 1945 um 18 Uhr auf dem Timeloberg nahe Wendisch Evern bei Lüneburg unterzeichnet. Sie trat am 5. Mai um 8 Uhr in Kraft. Die Teilkapitulation der Wehrmacht war bedingungslos und enthielt die Zusage, die Kampfhandlungen gegenüber den alliierten Streitkräften in den genannten Gebieten zu beenden. Unterzeichnet wurde die Kapitulationsurkunde von einer deutschen Delegation unter Leitung von Generaladmiral Hans-Georg von Friedeburg gegenüber dem britischen Feldmarschall Bernard Montgomery. Der Teilkapitulation folgte die am 8. Mai 1945 in Kraft getretene bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht.

Bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht

Die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht war eine von der Staatsführung autorisierte Erklärung der Wehrmacht am Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. Sie enthielt die Zusage, die Kampfhandlungen gegenüber den alliierten Streitkräften zu beenden. Die Kapitulation wurde nach erfolglosen Verhandlungsversuchen der deutschen Seite vom 6. Mai in der Nacht zum 7. Mai 1945 im Obersten Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkräfte in Reims unterzeichnet und trat zum vereinbarten Zeitpunkt am 8. Mai in Kraft. Sie bedeutete das Ende der militärischen Feindseligkeiten zwischen dem nationalsozialistischen Deutschen Reich und den Alliierten. Um die Unterzeichnung der Kapitulation auch durch den Chef des Oberkommandos der WehrmachtWilhelm Keitel, und die Oberbefehlshaber der deutschen Kriegsmarine und Luftwaffe sicherzustellen, wurde deren Ratifizierung vereinbart. Die aus dem Sonderbereich Mürwik bei Flensburg eingeflogene deutsche Delegation unterzeichnete die Kapitulationsurkunde daher erneut am 8./9. Mai im Hauptquartier der Roten Armee in Berlin-Karlshorst.

Auch wenn einzelne deutsche Verbände die Kampfhandlungen gegen sowjetische Truppen noch einige Tage fortsetzten, markiert der 8. Mai die Beseitigung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von außen. Der militärische Sieg der Alliierten war die Voraussetzung, dass Millionen von den Deutschen verfolgter Menschen befreit werden konnten. Der politische, wirtschaftliche und moralische Zusammenbruch bedeutete das Ende des bisherigen politischen Systems in Deutschland. Die vier Hauptsiegermächte übernahmen mit der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Zusammen mit der militärischen Kapitulation, deren politische Konsequenz sie war, bildete diese Erklärung die Grundlage für den Viermächte-Status, nach dem die Alliierten bis zur deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 für „Deutschland als Ganzes“ verantwortlich blieben.

Tag der Befreiung

Der 8. Mai ist als Tag der Befreiung oder auch als Tag des Sieges (Fête de la Victoire) in einigen europäischen Ländern ein Gedenk- oder Feiertag, an dem als Jahrestag zum 8. Mai 1945 der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht und damit des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa und der Befreiung vom Nationalsozialismus gedacht wird. Er wird als Gedenktag und teilweise als Feiertag mit öffentlicher Beteiligung begangen. Das Kürzel VE-Day (Victory in Europe Day) ist in den USA sowie den drei Commonwealth-Staaten Vereinigtes Königreich, Kanada und Australien üblich. In manchen Ländern findet der entsprechende Gedenktag am 9. Mai statt. In der DDR war er von 1950 bis 1967 und im Jahr 1985 (40. Jahrestag) gesetzlicher Feiertag.

Regierung Dönitz

Flensburger Regierung

Kabinett Schwerin von Krosigk

Albert Speer, Dönitz, and Alfred Jodl.

Die Regierung Dönitz, auch als Flensburger Regierung bezeichnet, war die geschäftsführende Reichsregierung unter Karl Dönitz in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges, die Adolf Hitler vor seinem Suizid schriftlich bestimmt hatte.

Die Bezeichnung Flensburger Regierung kam daher, dass Dönitz‘ Kommando am 3. Mai 1945 ins norddeutsche Flensburg nahe der dänischen Grenze verlegt wurde. Als Regierungssitz diente die Sportschule der Marineschule Mürwik. Das Kabinett war nicht durch die formal noch geltende Weimarer Verfassung legitimiert.

Diese Regierung existierte vom 2. bis 23. Mai 1945. In ihre Zeit fiel die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht. Wesentliche Entscheidungen der Regierung gab es wenige, sie enthob allerdings den Reichsführer SSHeinrich Himmler, sämtlicher Ämter. Ihre Mitglieder wurden von alliierten Soldaten am 23. Mai festgenommen. Die vier Siegermächte übernahmen zwei Wochen später mit der Berliner Erklärung auch formal die oberste Regierungsgewalt in Deutschland.

Haftbericht von Dönitz, 1945.

Sie folgte auf das am 2. Mai zurückgetretene Kabinett Goebbels und hatte ihren Sitz anfänglich in Plön und Eutin, seit dem 3. Mai dann in Flensburg. Der von Dönitz mit der Regierungsbildung beauftragte Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk bildete das Kabinett Schwerin von Krosigk (Flensburger Kabinett), nachdem der noch von Hitler hierfür bestimmte Joseph Goebbels ebenfalls Selbstmord begangen hatte. Nach dem 12. Mai hielten sich die Mitglieder der Regierung in der britischen Besatzungszone auf, zu der der Sonderbereich Mürwik zählte.

Hitlers politisches Testament beinhaltete den Auftrag an seinen Nachfolger, „den Krieg mit allen Mitteln weiter fortzusetzen“. Dagegen definierte sich die Geschäftsführende Reichsregierung als „unpolitisch“. Für die Alliierten war die Unterzeichnung der Militärischen Kapitulation am 7. Mai 1945 eine wesentliche Funktion der geschäftsführenden Reichsregierung, wobei die Kapitulationsurkunden dann durch den Generaloberst Alfred Jodl und Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, jeweils handelnd aufgrund einer Vollmacht von Dönitz, im Namen des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) unterzeichnet wurden.

Sonderbereich Deutsches Reich ‘Mürwik’

Der Sonderbereich Mürwik war die Bezeichnung für ein ungefähr 14 Quadratkilometer großes Gebiet bei FlensburgMürwik, in dem sich die Regierung Dönitz aufhielt. Bis zum 22. Mai trat die Regierung noch zu Kabinettssitzungen zusammen, es geschah aber nach außen hin nichts mehr. Am 21. Mai stimmte das SHAEF den sowjetischen Vorschlägen zu, die Flensburger Regierung aufzulösen und ihre Mitglieder als Kriegsgefangene zu verhaften. Am 23. Mai 1945 wurden Dönitz, Jodl und von Friedeburg auf die Patria bestellt, wo ihnen die Auflösung der Regierung sowie ihre Verhaftung mitgeteilt wurde. Damit begann die Operation Blackout. Fast gleichzeitig wurde die geschäftsführende Regierung in der Marinesportschule verhaftet. Als Dönitz das Schiff verließ, war die Hauptstraße der Stadt voll mit britischen Panzern und Soldaten, die die Deutschen zusammentrieben. Angesichts der Aussicht auf eine Leibesvisitation beging Friedeburg Selbstmord, während Dönitz, Schwerin von Krosigk, Speer, Jodl und andere Mitglieder der aufgelösten Flensburger Regierung unter die Verantwortung der Einsatzgruppe des RAF-Regiments unter dem Kommando von Staffelführer Mark Hobden gestellt wurden. Noch am selben Tag wurden Dönitz, Jodl und Speer vom Flugplatz Flensburg-Schäferhaus ins Gefangenenlager Camp Ashcan in Mondorf (Luxemburg) gebracht. Hans-Georg von Friedeburg nahm sich vorher das Leben. Marineschule Mürwik ehemaliger Sitz der Flensburger Regierung. Der Reichsadler aus der Nazizeit ist noch vorhanden, das Hakenkreuz wurde jedoch im Zuge der Entnazifizierung entfernt. Dieser letzte Rest des NS-Staates bestand bis zum 23. Mai 1945.

Nachkriegszeit in Deutschland

Nachkriegszeit bezeichnet meist die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Für Deutschland und Österreich war es auch eine Phase der Bewältigung der Folgen der niedergeschlagenen NS-Diktatur. Die Nachkriegszeit war geprägt vom Bemühen, staatliche Ordnung, Wirtschaft und Infrastruktur neu aufzubauen oder wiederherzustellen und die durch den Krieg entstandenen Schäden zu beheben. Diese Jahre waren für die meisten Menschen von Hunger und Knappheit an Gütern aller Art geprägt; ObdachlosigkeitSchwarzhandel und rationierte Lebensmittel prägten den Alltag. Ab 1947 begann der Nachkriegsboom („Wirtschaftswunder“) auch in Deutschland, der ab 1948 durch den Marshallplan zusätzlich befeuert wurde.

Die Zeit vom Ende des Ersten Weltkriegs bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs, heute Zwischenkriegszeit genannt, wurde damals ebenfalls Nachkriegszeit genannt. Sie wird in der Literatur und in Biographien häufig als Epochenschwelle wahrgenommen.

Rechtslage Deutschlands nach 1945

AlRechtslage Deutschlands nach 1945 wird die rechtliche Stellung des Deutschen Reiches nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 7./8. Mai 1945 bezeichnet. Konkret stellte sich die Frage, ob der besetzte deutsche Nationalstaat, dessen oberste Regierungsgewalt die Alliierten mit der Berliner Erklärung am 5. Juni 1945 übernommen hatten, aus staats- und völkerrechtlicher Sicht als Rechtssubjekt weiter fortbestand oder untergegangen war. Da Staatsvolk und Staatsgebiet 1945 noch vorhanden waren, wurde im Sinne der Drei-Elemente-Lehre vor allem darüber gestritten, ob die Staatsgewalt weggefallen war. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland ging vom Fortbestand des Deutschen Reiches aus. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte dies 1973 und stellte fest, dass auf deutschem Boden zwei Staaten existierten, die füreinander nicht Ausland seien, die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik. International blieb die Frage bis zur deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 umstritten; im Ostblock ging man nach der Gründung der beiden deutschen Staaten davon aus, dass der gesamtdeutsche Staat auch in rechtlicher Hinsicht untergegangen und nunmehr zwei Nachfolgestaaten an seine Stelle getreten seien.

Deutschland 1945 bis 1949

Die Besatzungszeit in Deutschland zwischen 1945 und 1949 war eine Phase zwischen dem Zusammenbruch des NS-Staats am Ende des Zweiten Weltkriegs und der Gründung der zwei deutschen Staaten, der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Im Kalten Krieg gehörten sie zwei konkurrierenden Machtblöcken an.

Monnet-Plan

Der Monnet-Plan war ein groß angelegtes Modernisierungsprogramm für die Wirtschaft Frankreichs in der Nachkriegszeit. Er sah einen gewaltigen Ausbau der französischen Stahlkapazität vor und zugleich eine Begrenzung der konkurrierenden deutschen Stahlindustrie auf höchstens 7,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Initiator Jean Monnet war 1946–1950 erster Leiter des Commissariat général du Plan (Planungsamt) in Frankreich.

European Recovery Program (ERP)

‘Marshallplan’

Der Marshallplan, offiziell European Recovery Program (ERP), war ein historisch bedeutendes Wirtschaftsförderungsprogramm der USA für den Wiederaufbau der Staaten Europas nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Zeitraum von 1948 bis 1952 wurden Hilfen im Wert von ca. 13,12 Milliarden US-Dollar (entspricht heute rund 133,95 Milliarden Dollar) an viele, insbesondere westeuropäische Staaten geleistet. Die BRD erhielt hiervon 1,41 Milliarden US-Dollar. Unter den am Programm teilnehmenden Staaten befanden sich neben den im Zweiten Weltkrieg mit den USA verbündeten Staaten wie GroßbritannienFrankreich und den Beneluxländern auch die Kriegsgegner Bundesrepublik Deutschland und Österreich. Den mittel- und osteuropäischen Staaten und der Sowjetunion wurden die Hilfen ebenfalls angeboten. Allerdings zog sich die Sowjetunion bald aus den Verhandlungen zurück und verbot auch den unter ihrem Einfluss stehenden europäischen Staaten die Teilnahme.

Besatzungsstatut

Das Besatzungsstatut zur Abgrenzung der Befugnisse und Verantwortlichkeiten zwischen der zukünftigen deutschen Regierung und der Alliierten Kontrollbehörde vom 10. April 1949 regelte die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den drei Besatzungsmächten USAGroßbritannien und Frankreich. Es trat am 21. September 1949 in Kraft.

Die Bundesrepublik Deutschland verfügte bei ihrer Entstehung noch nicht über die volle Staatsgewalt, weil die oberste Gewalt bei den Alliierten lag. In diesem Statut räumten die drei Westmächte, vertreten durch die Alliierte Hohe Kommission, der Bundesrepublik und ihren Ländern die gesetzgebendevollziehende und rechtsprechende Gewalt ein. Sie beschränkten ihre bisher beanspruchte Zuständigkeit, behielten aber die Hoheitsrechte unter anderem auf den Gebieten AußenpolitikEntmilitarisierungWiedergutmachung, Aufnahme von Flüchtlingen und die Kontrolle über die Ruhr. Alle Verfassungsänderungen und Gesetze blieben dem Einspruchsrecht der Besatzungsmächte unterworfen. Das Land blieb weiter militärisch besetzt, damit die Alliierten notfalls die politische Gewalt wieder ganz übernehmen konnten. Mit den Pariser Verträgen 1954/55 wurde das Besatzungsstatut aufgehoben, insbesondere durch den Beitritt Deutschlands zur WEU und der NATO.

Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (1949)

Der Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung von 1949 ist ein inzwischen aufgehobener Grundgesetzartikel, der den Geltungsbereich des Grundgesetzes in der neu geschaffenen Bundesrepublik Deutschland regelte. Weiterhin galt er als Beitrittsartikel, der die Übernahme des Grundgesetzes für „andere Teile Deutschlands“ beziehungsweise später hinzugekommene Länder ermöglichte.

Deutsche Teilung

Als deutsche Teilung oder Teilung Deutschlands (auch Spaltung Deutschlands genannt) wird die Existenz zweier deutscher Staaten auf dem Gebiet Deutschlands im Zeitraum vom 7. Oktober 1949, als die Deutsche Demokratische Republik (DDR) gegründet wurde, bis zur deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 bezeichnet. Die DDR trat am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik Deutschland bei. Sie war ein Ergebnis des Zweiten Weltkriegs sowie des anschließenden Kalten Krieges zwischen den einstigen Verbündeten der Anti-Hitler-Koalition, hauptsächlich zwischen den USA und der Sowjetunion.

In dieser Zeit der Teilung waren die beiden deutschen Staaten unabhängig voneinander. Dies unterscheidet sich von den deutschen Staaten vor der deutschen Einigung im Jahr 1871, wo sie Teil unterschiedlicher Konföderationen waren, beispielsweise des Deutschen Bundes. Die Teilung war eine Folge der deutschen Niederlage im Zweiten Weltkrieg. Die Bundesrepublik ist eine liberale Demokratie und unterhält enge Beziehungen zu den USA, während die DDR dem Kommunismus folgte und von der Sowjetunion beeinflusst war. Zu dieser Teilung gehörte auch die im Potsdamer Abkommen von 1945 vereinbarte Abtrennung der Ostgebiete des Deutschen Reiches. Das nördliche Ostpreußen wurde sowjetisch. Polen wurde für ihre Westverschiebung einseitig mit deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Grenze entschädigt, die etwa ein Viertel des deutschen Territoriums von 1937 ausgemacht hatten. Mit dieser Westverschiebung musste die Polen auf ihre Territorien östlich der Curzon-Linie verzichten, die nun den Sowjetrepubliken Ukraine und Weißrussland eingegliedert wurden. Damit verlor sie das Gebiet wieder, das bis 1795 zu Polen-Litauen gehört hatte und das die Zweite Polnische Republik zum Teil in den 1920er Jahren von Russland zurückerobert hatte. Das neue polnische Territorium wurde etwa 20 Prozent kleiner als das Territorium der Zweiten Polnischen Republik.

Mit der Herstellung der Einheit Deutschlands kam es schließlich zur völkerrechtlichen Zession der Ostgebiete zum 3. Oktober 1990 (durch eine Friedensregelung).[1] Zuvor unterzeichneten die beiden deutschen Staaten jedoch 1950 und 1970 separate Verträge mit Polen zur Anerkennung neuer Grenzen.

In einem größeren Zusammenhang gehört die deutsche Teilung zum Komplex der zwischen 1806 und 1990 bestehenden deutschen Frage.

Deutschland

Deutschland (anhören/?; Vollform des Staatsnamens seit 1949: Bundesrepublik Deutschland) ist ein Bundesstaat in Mitteleuropa. Es besteht aus 16 Bundesländern und ist als freiheitlich-demokratischer und sozialer Rechtsstaat verfasst. Die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland stellt die jüngste Ausprägung des 1871 erstmals begründeten deutschen Nationalstaats dar. Im Rahmen der Wiedervereinigung Deutschlands wurde Berlin 1990 Bundeshauptstadt und 1991 zum Parlaments- und Regierungssitz bestimmt.

Politisches System der Bundesrepublik Deutschland

Zum politischen System der Bundesrepublik Deutschland gehören die politischen Institutionen, die Entscheidungsprozesse und ihre Inhalte in Deutschland.

Das politische System Deutschlands ist bundesstaatlich und als parlamentarische Demokratie organisiert. Bedeutung besitzen die stark miteinander konkurrierenden Parteien, weshalb Deutschland auch als Parteiendemokratie bezeichnet wird. Die Wahlen werden überwiegend als personalisierte Verhältniswahlen durchgeführt; zur Regierungsbildung sind meist Koalitionen der konkurrierenden Parteien nötig. Der Deutsche Bundestag wählt eine Person zum Bundeskanzler. Diese Person bestimmt die Richtlinien der Innen- und Außenpolitik auf Bundesebene (Richtlinienkompetenz) und schlägt die Bundesminister vor. Die Institutionen des Bundes und die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern werden durch das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland geregelt. Über die Einhaltung des Grundgesetzes wacht das Bundesverfassungsgericht. Die Bundesländer, aus denen der Staat Deutschland zusammengesetzt ist, haben eine eigene Vertretung, den Bundesrat, der neben dem Bundestag an der Gesetzgebung mitwirkt. Deutschland ist Mitglied der Europäischen Union und hat einige seiner Hoheitsrechte an diesen Staatenverbund übertragen.

BRD

BRD ist eine nicht offizielle Abkürzung für die Bundesrepublik Deutschland, die mitunter im wissenschaftlichen und insbesondere politischen Kontext verwendet wird, analog zur Abkürzung „DDR“ während der Epoche von 1949 bis 1990. Amtliche Verlautbarungen der Bundesrepublik enthalten die Abkürzung dagegen seit Anfang der 1970er-Jahre nicht mehr.

Deutsche Demokratische Republik

Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) war der östliche der beiden nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen deutschen Staaten, der vom 7. Oktober 1949 bis zur Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 bestand. Die DDR ging aus der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) hervor, die infolge der Besetzung und Teilung Deutschlands nach 1945 zustande gekommen war. Auf Betreiben der sowjetischen Militärregierung errichtete die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) ein diktatorisches, als „real existierender Sozialismus“ bezeichnetes Regime, das bis zur friedlichen Revolution im Herbst 1989 existierte. Während der vier Jahrzehnte ihres Bestehens blieben die DDR und ihre Staatsführung, wie die anderen realsozialistischen Ostblockländer, weitgehend von der Sowjetunion abhängig.

Offizielle Staatsideologie war der Marxismus-Leninismus. In der zeitgeschichtlichen Forschung wird das Herrschaftssystem in der DDR mal als realsozialistisch, mal als kommunistisch bezeichnet. Die Machthaber nannten die DDR einen „sozialistischen Staat der Arbeiter und Bauern“ und deutschen „Friedensstaat“ und behaupteten, die DDR habe die Wurzeln für Krieg und Faschismus beseitigt. Antifaschismus wurde zu einer Staatsdoktrin der DDR.

Die herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse stießen teils auf Ablehnung, doch nur selten auf aktiven Widerstand in der Bevölkerung. Unverkennbar war dieser aber in der Frühphase beim Volksaufstand des 17. Juni 1953, der von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wurde. Deutliche Ablehnung signalisierte auch die den Staat in seiner Existenz bedrohende Abwanderungsbewegung, die durch den Bau der Berliner Mauer 1961 drastisch eingedämmt wurde. Das Ministerium für Staatssicherheit (kurz MfS oder umgangssprachlich „Stasi“) wurde ausgebaut zu einem die ganze Gesellschaft durchdringenden Organ der Überwachung und gezielten Zersetzung oppositioneller Aktivitäten und Gruppierungen. Das staatliche Erziehungs- und Bildungswesen war vom Kindergarten bis zur Universität auf die „Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit“ gemäß der Ideologie des Marxismus-Leninismus ausgerichtet. Dem SED-Führungsanspruch waren Blockparteien und Massenorganisationen in der DDR unterworfen, nicht nur bei den über eine Einheitsliste abgehaltenen Volkskammerwahlen, sondern auch durch ein ausgedehntes Kontrollsystem bei der Besetzung von Leitungspositionen aller Art im Rahmen der Kaderpolitik.

Das undemokratische politische System und wirtschaftliche Schwächen führten zu einer zunehmend regimekritischen Einstellung der Bevölkerung, besonders seit der ersten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (1973). Mit dieser Konferenz wurden Anträge auf Ausreise möglich, gegen welche der Staat trotz vielfältiger Schikanen im weiteren Verlauf nicht ankam. In der Endphase intensivierte die Weigerung Erich Honeckers, den von Michail Gorbatschow in der Sowjetunion angestoßenen Reformprozess auch in der DDR wirksam werden zu lassen, sowohl das Ausreisebedürfnis als auch die Protestbereitschaft. Auch innerhalb der Machtstrukturen der DDR schwand der Rückhalt für das System, die 1989 offen ausbrechenden friedlichen Proteste vieler Bürger wurden nicht mehr niedergeschlagen. Diese Proteste und eine Ausreisewelle über Ungarn und die Tschechoslowakei waren wesentliche Bestandteile der Wende und friedlichen Revolution in der DDR, die zum unerwarteten Fall der Mauer am 9. November 1989 führte und letztendlich dem Ende der DDR und der deutschen Wiedervereinigung den Weg bereitete.

Politisches System der DDR

Das politische System der DDR war eine Diktatur ohne eine tatsächliche Gewaltenteilung. Sie vereinigte die Eigenschaften des realen Sozialismus mit den Prinzipien des so genannten Demokratischen Zentralismus. Die politische Macht war nicht auf verschiedene Träger verteilt. Unter Widerspruch zu Artikel 5 Satz 3 der Verfassung der DDR ging sie stattdessen für die gesamte Zeit ihrer Existenz von dem umfassend und unkontrolliert herrschenden Führungs- und Herrschaftszentrum der DDR aus, dem Politbüro des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), das ebendieser marxistisch-leninistischen Partei vorstand, der durch Artikel 1 der Verfassung der DDR der Alleinführungsanspruch für alle Bereiche der DDR zustand.

Die Deutsche Demokratische Republik war im Selbstverständnis ein sozialistischer Staat und verwirklichte die Grundprinzipien einer Volksrepublik. Da die Regierungsform durch die Herrschaft einer Partei, der so genannten Staatspartei, geprägt wurde, spricht man bei der DDR auch von einer Parteidiktatur.

DDR

DDR ist eine offizielle Abkürzung für die Deutsche Demokratische Republik (offizieller Staatsname). Staatsideologie war der DDR war Marxismus-Leninismus. Ein „Friedensstaat“ der behauptete, die DDR habe die Wurzeln für Krieg und Faschismus beseitigt. Antifaschismus wurde zu einer Staatsdoktrin der DDR.

Deutsche Wiedervereinigung

Die deutsche Wiedervereinigung oder deutsche Vereinigung (in der Gesetzessprache Herstellung der Einheit Deutschlands) war der durch die friedliche Revolution in der DDR angestoßene Prozess der Jahre 1989 und 1990, der zum Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 führte. Die damit vollzogene deutsche Einheit, die seither an jedem 3. Oktober als Nationalfeiertag mit dem Namen Tag der Deutschen Einheit begangen wird, beendete den als Folge des Zweiten Weltkriegs in der Ära des Kalten Krieges vier Jahrzehnte währenden Zustand der deutschen Teilung.

Richtungweisend für diese Entwicklung waren die Ausreisewelle aus der DDR, die erstarkende Opposition in der DDR und die Öffnung der Berliner Mauer am 9. November 1989, die den endgültigen Zerfall des politischen Systems der DDR bewirkte. Notwendige äußere Voraussetzung der deutschen Wiedervereinigung war das Einverständnis der vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, die bis dahin völkerrechtlich noch immer die Verantwortung für Deutschland als Ganzes innehatten beziehungsweise beanspruchten. Durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag oder offiziell Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland wurde der Einheit der beiden deutschen Staaten zugestimmt und dem vereinten Deutschland die volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten zuerkannt.

Maßgebliche Zwischenstationen auf dem Weg der deutschen Wiedervereinigung waren die Volkskammerwahl im März 1990 sowie der Staatsvertrag über die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion. Am 20. September 1990 stimmten die Volkskammer der DDR und der Deutsche Bundestag dem Einigungsvertrag vom 31. August zu, am darauf folgenden Tag der Bundesrat.

Entwicklung nach Aufhebung des Artikels 23 (1949)

Vom 3. Oktober 1990 an gab es im Grundgesetz zunächst keinen Artikel 23 mehr. Durch ein Gesetz vom 21. Dezember 1992, das am 25. Dezember 1992 in Kraft trat, wurde der heutige Artikel 23 des Grundgesetzes, der sogenannte Europa-Artikel, an seiner Stelle neu eingefügt.

Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (1992)

Der Artikel 23 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung von 1992 wird auch als Europa-Artikel bezeichnet. Im Jahre 1992 wurde er neu eingefügt und ersetzte somit den vormaligen Artikel 23, der den Geltungsbereich des Grundgesetzes räumlich auf die „alten“ Bundesländer beschränkte, den Beitritt zur Bundesrepublik regelte und 1990 mit der Wiedervereinigung gestrichen wurde. Der neue Artikel ebnete den Weg für den Vertrag von Maastricht.

Ständige Vertretungen der BRD und der DDR (StäV)

Im Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 21. Dezember 1972 (am 21. Juni 1973 in Kraft getreten) wurde die Einrichtung Ständiger Vertretungen (StäV) beschlossen (Artikel 8).

Die Ständigen Vertreter waren praktisch Botschafter – die DDR nannte sie auch so. Sie mussten sich beim Staatsoberhaupt des jeweiligen anderen deutschen Staates akkreditieren: der bundesdeutsche Ständige Vertreter beim Staatsratsvorsitzenden, der Ständige Vertreter der DDR beim Bundespräsidenten.

Beide deutsche Staaten waren Frontstaaten des Kalten Krieges, hinter denen mächtige Verbündete, die USA und die UdSSR, den Ton angaben. Die Bundesrepublik und DDR hatten ein existentielles Interesse an der Entspannung, denn beide wussten, dass ein „heißer Krieg“ als Fortsetzung des Kalten Krieges ihr Ende auf dem Schlachtfeld Mitteleuropas sein würde (Stationierung sowjetischer MittelstreckenraketenNATO-Doppelbeschluss). Darüber hinaus gab es wirtschaftliche Interessen, die sich unterteilen lassen in normale und besondere (spezifisch deutsche). Die normalen bestanden im Warenverkehr und der Schaffung von Arbeitsplätzen (in der Bundesrepublik hingen ungefähr eine halbe Million Arbeitsplätze vom DDR-Handel ab). Die besonderen ergaben sich aus den unterschiedlichen staatspolitischen Auffassungen und dem Wirtschaftsgefälle zwischen der Bundesrepublik und DDR.

  • Die Bundesrepublik bot die Anerkennung als souveränen Staat und internationales Renommee (UNO-Beitritt, Teilnahme an der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa), darüber hinaus Geld (zum Beispiel in Form zinsloser Überziehungskredite, des sogenannten Swings).
  • Die DDR bot Transitwege zwischen der Bundesrepublik und West-Berlin, den Ausbau des zwischenstaatlichen Post- und Fernmeldewesens, allgemein: humanitäre Verbesserungen für DDR-Bürger (zum Beispiel Familienzusammenführung, Häftlingsbetreuung).

Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH

Die Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH (kurz: Deutsche Finanzagentur) ist ein Finanzdienstleistungsunternehmen im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Rechtsgrundlagen sind § 1 der Verordnung zur Übertragung von Aufgaben nach dem Bundesschuldenwesengesetz (BSchuWV) und § 1 des Gesetzes zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes (BSchuWG).

BRD GmbH Theorie

Die Theorie der BRD GmbH stellt den rechtlichen Status der Bundesrepublik Deutschland in Frage. Nach dieser Theorie sei Deutschland lediglich eine Firma, die nach dem Zweiten Weltkrieg installiert wurde, um Gewinne für die Siegermächte (meist auch nur für die USA) zu erwirtschaften. Die Bundesregierung sei demnach die Geschäftsleitung dieser Firma und jeder einzelne Deutsche Bürger Personal. Außerdem wird von Vertreter*innen dieser Theorie angenommen, dass es nie einen Friedensvertrag oder eine Verfassung für die Bundesrepublik gab, so dass oft behauptet wird, dass Deutschland deshalb faktisch immer noch in den Grenzen des Deutschen Kaiserreichs existiert und sich laut manchen Aussagen zudem weiterhin im Krieg befindet. Vertreter dieser Theorie der BRD Gmbh-Theorie werden gemeinhin als Reichsbürger bezeichnet.

Einigungsvertrag

Der Einigungsvertrag ist der Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Auflösung der DDR, ihren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland und die deutsche Einheit.

Im Jahre 1990 wurde der Vertrag zwischen beiden deutschen Staaten (→ deutsche Teilung) ausgehandelt. Verhandlungsführer und Unterzeichner auf der Seite der Bundesrepublik war der damalige Bundesminister des Innern Wolfgang Schäuble und auf der Seite der Deutschen Demokratischen Republik der Parlamentarische Staatssekretär Günther Krause. Er wurde am 20. September 1990 von der Volkskammer der DDR angenommen (299 Ja-Stimmen, 80 Nein-Stimmen, 1 Stimmenthaltung). Am selben Tage stimmte der Bundestag dem Vertrag zu (440 Ja-Stimmen, 47 Nein-Stimmen, 3 Stimmenthaltungen).

Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland

Zwei-plus-Vier-Vertrag

Der Zwei-plus-Vier-Vertrag (vollständiger amtlicher Titel: Vertrag über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland; daher auch kurz als Regelungsvertrag bezeichnet) ist ein Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (den namensgebenden zwei deutschen Staaten) einerseits sowie Frankreich, der SowjetunionGroßbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits. Er machte den Weg für die Wiedervereinigung Deutschlands frei, wurde am 12. September 1990 in Moskau unterzeichnet und trat am 15. März 1991, dem Tag der Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde durch die Sowjetunion, mit einer offiziellen Zeremonie in Kraft.

Artikel 2

“Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.”

Zwei-plus-Vier-Vertrag: Ostdeutsche wurden wie Besiegte behandelt

Am 12. September 1990 wurde der Zwei-plus-Vier-Vertrag unterschrieben. Deutschland bekam damit grünes Licht für die Wiedervereinigung und die seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eingeschränkte Souveränität zurück. Bei den Verhandlungen dazu saßen natürlich auch DDR-Vertreter mit am Verhandlungstisch. Doch sie hatten kaum etwas zu sagen, waren isoliert und wurden von ihren westdeutschen Kollegen wie Besiegte behandelt – das glaubt jedenfalls der damalige Außenminister der DDR, Markus Meckel.

Wenn die Beteiligten von damals sich an die Begegnungen 1990 erinnern, fällt eines sofort ins Auge: Die Verhandlungspositionen, Allianzen und taktischen Manöver bei den “Zwei-plus-Vier”-Verhandlungen wurden nahezu unter Ausschluss der DDR-Vertreter abgesteckt. Dass da eine neue, erstmals demokratisch gewählte ostdeutsche Regierung mit am Tisch sitzt, die die Vereinigung beider deutscher Staaten zu ihrer Primärstrategie erklärt, ist für die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges offenbar ohne Belang.

“Mir fällt noch nicht einmal der Name des Typs ein, der die DDR vertrat. Und sie taten mir leid, weil die Leute, die ihr Land bei den Verhandlungen vertraten, keinerlei Einfluss darauf hatten.” Philip John Weston, Chefunterhändler von Großbritannien.

Schwieriges Verhältnis zu den Politikern aus Bonn

War das angesichts der realen Machtverhältnisse unvermeidlich? Oder haben die Ostdeutschen am Verhandlungstisch – allesamt Neulinge im Geschäft – einfach Ihren Einsatz verpasst? Mit diesen bohrenden Fragen schlägt sich der ehemalige DDR-Außenminister Markus Meckel herum. Dreh- und Angelpunkt dabei ist immer wieder das schwierige Verhältnis zu den maßgeblichen Politikern in Bonn.

Dabei fängt alles zunächst ganz vielversprechend an. “Gleich bei unserer ersten Begegnung bot mir Hans-Dietrich Genscher an, Beamte des Auswärtigen Amtes zur Unterstützung zu mir nach Ost-Berlin zu entsenden”, erinnert sich Markus Meckel. “Ich war dafür dankbar – und vorsichtig zugleich. Einerseits brauchte ich dringend solche Hilfe, andererseits wollte ich jede direkte Einflussnahme vermeiden.”

Nur SED-konforme Kader im Außenministerium der DDR

Markus Meckel steckt wie so viele seiner neuen DDR-Ministerkollegen in einem Dilemma. Ziemlich schnell braucht er, das “Greenhorn”, wie er sich selbst im Rückblick nennt, zuverlässige, loyale Mitarbeiter. Menschen, die über außenpolitische Fachkompetenz, Sprachfähigkeiten und Verwaltungserfahrung verfügen. Zur Verfügung stehen ihm bei der Amtsübergabe nur die alten DDR-Kader, die in der Vergangenheit vor allem eins gezeigt haben: 100-prozentig SED-konforme Haltung.

Das Angebot aus Bonn – “Wir schicken Euch kompetente Leute, die mit anpacken“ – kriegen zu dieser Zeit alle von Markus Meckels Ministerkollegen. Doch eine Direktive von Ministerpräsident Lothar de Maizière lautet: westdeutsche Berater ja, leitende Positionen werden jedoch nur ostdeutsch besetzt, um vorsorglich zu verhindern, dass man sich “von außen leiten lässt”.

Wer leitet die Zwei-plus-Vier-Gespräche für die DDR?

In der Bredouille rekrutiert Minister Meckel so Mitarbeiter aus kirchlichen Kreisen. Denn es sind die einzigen im DDR-Hoheitsgebiet, die zumindest ansatzweise über außenpolitische Kompetenz und ausreichende fremdsprachliche Fähigkeiten verfügen – ohne politisch belastet zu sein. Unter ihnen ist Hans Misselwitz, ein promovierter Biologe, der seine Stelle bei der Akademie der Wissenschaften verlor, als er 1980 den Einsatz als NVA-Reservist verweigerte, weil damals, nach der Grundung der Solidarnosc 1980 ein Einmarsch in Polen drohte.

Misselwitz wird Verhandlungsführer der DDR bei den Zwei-Plus-Vier-Gesprächen. Die DDR-Delegation will zwar die Einheit so schnell wie möglich, ist aber entschlossen zu widersprechen, wenn bestimmte Bedingungen dem Interesse der DDR-Bevölkerung widersprechen. Doch Misselwitz und Meckel ernten ab der allerersten Teilnahme an den Verhandlungen viel Gegenwind. Und das, obwohl ihnen Rückenwind versprochen wird.

“Hans-Dietrich Genscher bot mir eine enge Zusammenarbeit an. Ich durchschaute damals noch nicht das, was er damit meinte, dass ich ihm so folge, dass kein Papier dazwischen passt, und ich ihm sozusagen wie ein Dackel folgen sollte. Das habe ich dann erst später gemerkt. Ich hatte durchaus noch die Illusion, dass mit einem verhandelt und geredet wird.” Markus Meckel, damals Außenminister der DDR.

Ost-Berlin will Polen beteiligen – Bonn verärgert

Dass man in bestimmten Punkten konträre Ansichten hat, zeigt sich bereits zu Meckels Amtsbeginn. Denn als Ziel seiner ersten Auslandsreise legt der neue Außenminister der DDR für den 23. April Warschau fest, wo er die wichtigsten Repräsentanten des polnischen Staates – Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki wie auch Präsident Wojciech Jaruzelski trifft. Und das, noch bevor er – offiziell – in Bonn überhaupt seine “Aufwartung” macht.

Meckel reist mit einer Volkskammererklärung im Gepäck in Polen an: Zwei Wochen zuvor hat das ostdeutsche Parlament die Unverletzbarkeit der Oder-Neiße-Grenze zu Polen bekräftigt. Außerdem unterstützt Meckel ausdrücklich die Forderung, Polen an den Zwei-plus-Vier-Gesprächen zu beteilign. Damit gerät er in heftiges Fahrwasser, denn Washington und Bonn hatten sich auf eine andere Strategie verständigt: Die Beteiligung weiterer Staaten an den Zwei-plus-Vier-Gesprächen lehnen beide Regierungen vehement ab.

Die Beweggründe dafür, hat Hans-Dietrich Genscher Markus Meckel bereits vor der Reise nach Polen zu erläutern versucht. Meckel erinnert sich: “Deutschland dürfe nicht wieder zum bloßen Objekt von Viermächtegesprächen werden. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass die Bundesrepublik nunmehr ein angesehener Partner unter den Demokratien des Westens sei. Und nicht zuletzt müsse ausgeschlossen werden, dass mehr als fünfzig ehemalige Kriegsgegner auf den Gedanken kommen könnten, bei der deutschen Vereinigung mitreden zu wollen und neue Reparationsforderungen zu stellen.”

Die Argumentation leuchtet Meckel ein, wie er sich nach Jahren erinnert. Doch bei der Art und Weise, wie man zum großen gemeinsamen Ziel gelangt, liegen Meckel und Genscher quer. Die eigenständigen diplomatischen Bemühungen der DDR-Seite gehen dem Bundeskanzleramt gegen den Strich, das “Zwei-Plus-Vier” als Chefsache betrachtet, in der ostdeutsche Befindlichkeiten keinesfalls machtpolitische Weichenstellungen behindern dürfen.

Kanzleramt erklärt Polen zur Chefsache

Noch aber liegt da ein Ball im Spielfeld: Auf britischen Vorschlag sind seit dem Frühjahr 1990 trilaterale Gespräche zwischen den beiden deutschen Staaten und Polen anberaumt worden. Für Bonn ist das wohl eher eine symbolische Geste, Ost-Berlin will hier dagegen etwas Substantielles auf den Weg bringen – und knüpft eine Allianz mit Polen. Warschau will nämlich einen eigenen Vertragsentwurf diskutieren, die westdeutsche Seite möchte dagegen nur über den vorliegenden Entwurf der Resolution der beiden deutschen Parlamente sprechen. “Wir erklärten, dass wir grundsätzlich den polnischen Vertragsentwurf unterstützen würden, in dem auch Themen über die Grenzfrage hinaus angesprochen wurden”, erinnert sich Meckel.

Doch damit gefährdet Polen einen Punkt, der für Bonn von zentraler Bedeutung ist: die künftige NATO-Mitgliedschaft Deutschlands. Jede ostdeutsche Aussage in Bezug auf kommende Bündniszugehörigkeiten könnte ein Einlenken des Kreml in dieser Frage massiv torpedieren. Entsprechend heftig fällt das Beben im Bundeskanzleramt aus. “Am 31. Mai schrieb Helmut Kohl an Lothar de Maizière, um sich zu beschweren, dass wir diesen Vertragsentwurf mit eingebracht hatten”, erinnert sich Meckel. Zu weiteren trilateralen Treffen kommt es nicht, obwohl Polen diese weiterhin für wichtig hält.

DDR-Vertreter bei Zwei-plus-Vier-Gesprächen isoliert

Dass in der Bundesrepublik bald Wahlen anstehen und Helmut Kohl auch im Hinblick auf die eigene Wählerschaft der Vertriebenen jedes Zugeständnis an Polen zu vermeiden sucht, ist der Suche nach einem Konsens nicht besonders zuträglich. Und verbunden mit radikalen Konsequenzen. Denn in der Folge koppelt Bonn die Ostberliner Diplomaten informationstechnisch radikal ab. Was man in Washington und Moskau bilateral verhandelt, ob es neue Zugeständnisse gibt – im Amtssitz von Markus Meckel weiß niemand etwas. Und das ist aus Bonner Sicht nur folgerichtig. Denn die Kluft hat sich zwischenzeitlich sogar noch mehr geweitet: “Unsere Position der Bundesrepublik Deutschland wurde nicht gerade dadurch erleichtert, dass die DDR hier mit uns an einem Strang zog”, erinnert sich Dieter Kastrup, Verhandlungsführer des Auswärtiges Amtes.

“Die DDR war von der Idee einer Nato-Mitgliedschaft Gesamtdeutschlands nicht begeistert. Im Gegenteil, sie hat diesen Gedanken abgelehnt.” Dieter Kastrup, Verhandlungsführer des Auswärtiges Amtes.

Meckel erinnert sich, dass “wir in diesen Verhandlungen völlig isoliert waren und liefen nur noch so mit.”

Die Ostdeutschen werden wie Besiegte behandelt

Nach außen lassen weder Bonn noch Ost-Berlin etwas von diesen Grabenkämpfen dringen. Offiziell arbeitet man gemeinsam Hand in Hand. Doch im Kreis der “Zwei-plus-Vier” reiben sich einige Siegermächte verwundert die Augen über einen neuen Anwärter im Kreis. In punkto Machtdemonstration scheut die westdeutsche Seite selbst vor Zurschaustellungen der DDR-Seite nicht zurück.

“Wenn ich ehrlich bin, hat mich oft erstaunt, wie sich einige Mitglieder der westdeutschen Delegation, wenn auch nicht alle, gegenüber ihren ostdeutschen Kollegen verhielten. Sie betrachteten sie tatsächlich als die Besiegten, die Verlierer, die nur das Recht auf Schweigen hatten, die nichts zu sagen hatten, weil sie keinerlei Macht mehr besaßen.” Bertrand Dufourcq, Mitglied der französischen Delegation.

Im März 1991 trat der von der BRD, der DDR und den vier Siegermächten in Moskau unterzeichnete “Zwei-Plus-Vier-Vertrag” in Kraft. Ob Moskau dabei über den Tisch gezogen wurde, darüber tobt aktuell ein blutiger Streit.

Ein Friedensvertrag, der keiner war

Am 12. September 1990 unterzeichnen die BRD, die DDR, die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion ein Abkommen, das die Einheit bringt und die Nachkriegszeit beendet – so die deutsche Lesart des Zwei-plus-Vier-Vertrags. Aus Sicht anderer Staaten bleibt ein Thema offen: deutsche Reparationen.

Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags in Moskau, v.l.n.r.: James Baker (USA), Douglas Hurd (Großbritannien), Eduard Schewardnadze (UdSSR), Roland Dumas (Frankreich), Lothar de Maizière (DDR), Hans-Dietrich Genscher (BRD)
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag gilt als Wegbereiter der deutschen Wiedervereinigung (imago images / Rainer Unkel)
Die DDR im Winter 1989/90. Zehntausende Menschen gehen fast täglich auf die Straße und rufen: „Stasi raus, Stasi raus.“
„Es war ein Momentum da, der Druck ging von der Straße, ging von den Menschen aus. Der Wunsch der Menschen nach Demokratie und Freiheit und dann nach Einheit war nicht mehr zu kanalisieren,“ sagt Dieter Kastrup, ehemaliger Staatssekretär im Auswärtigen Amt, zuständig für die sogenannte „Deutschland-Frage“, die auch eine mögliche Wiedervereinigung beinhaltet: „Es zeigte sich sehr schnell, dass die ganze Entwicklung eine Dynamik entfaltet hatte, die durch politisches Handeln, politische Entscheidungen kaum noch zu steuern war. Wir alle standen also vor der Frage: Wie gehen wir um mit dieser Entwicklung?“
Schlagartig – die Möglichkeit zur Wiedervereinigung
Nach den monatelangen Demonstrationen für Freiheit und Menschenrechte in der DDR, den Grenzöffnungen in Teilen Osteuropas und der Maueröffnung am 9. November 1989 haben sich die geopolitischen Voraussetzungen grundlegend verändert. Schlagartig ist sie da: Die Möglichkeit zur Wiedervereinigung. Die Bürger der DDR wollen nicht nur ihre Freiheit, sie fordern zunehmend auch die endgültige Überwindung der jahrzehntelangen deutschen Teilung. Noch Ende November legt Helmut Kohl dem Bundestag dazu seinen Zehn-Punkte-Plan vor – seine Idee, wie die Teilung überwunden werden könnte. Kohl sagte damals: „Wir sind aber auch bereit, konföderative Strukturen zwischen beiden Staaten in Deutschland zu entwickeln, mit dem Ziel, eine Föderation, das heißt, eine bundesstaatliche Ordnung in Deutschland zu schaffen.“
Fragen zu endgültigen Grenzen und Reparationen
Also einen gemeinsamen, wiedervereinigten Staat. International stößt diese Entwicklung auf Skepsis. Würde der Frieden in Europa auch mit einem vereinigten Deutschland Bestand haben? Immerhin gab es nach dem Zweiten Weltkrieg nie einen Friedensvertrag mit Deutschland – und somit sind immer noch Fragen offen, sowohl hinsichtlich einer endgültigen Grenzziehung, zum Beispiel zu Polen, als auch in finanzieller Hinsicht.
„Nun stand die bundesdeutsche Regierung vor dem Dilemma, dass sie die Wiedervereinigung haben wollte, aber die Reparationen nicht haben wollte,“ erklärt Constantin Goschler, Historiker an der Ruhr-Universität Bochum. Denn durch das Fehlen eines deutschen Friedensvertrags hat es auch nie eine abschließende Regelung über Kriegsentschädigungen, sprich Reparationen, gegeben.
Ein merkwürdiger völkerrechtlicher Spagat
Voraussetzung für eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ist aber ein Friedensvertrag, oder zumindest eine entsprechende, völkerrechtlich bindende Regelung, die den Nachkriegszustand inklusive der noch bestehenden Besatzungsrechte der Alliierten beenden würde.
„Und die bundesdeutsche Regierung hat nun also einen merkwürdigen völkerrechtlichen Spagat hingelegt, indem sie von vornherein darauf abgezielt hat, wir möchten einen Vertrag haben, der sozusagen ein Als-ob-Friedensvertrag ist, nämlich ein Vertrag, der alle Fragen regelt, die in einem Friedensvertrag normalerweise geregelt werden, aber ohne Friedensvertrag zu heißen,“ so Goschler.
Der Spagat heißt Zwei-plus-Vier-Vertrag oder offiziell: „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“.
„Für die Regierung Helmut Kohl war es ein Erfolg“
Am 12. September 1990 wird er in Moskau von den beiden deutschen Staaten sowie den sogenannten Sieger-Mächten Frankreich, Großbritannien, den USA und der Sowjetunion unterzeichnet. Er gibt Deutschland seine Souveränität zurück und beendet die so genannten alliierten Vorbehaltsrechte. Es ist der letzte Schritt zur Wiedervereinigung knapp einen Monat später.
„Für die Regierung Helmut Kohl war es ein Erfolg, sie haben sich durchgesetzt und man kann natürlich auch sagen, sie haben einer vereinigten Bundesrepublik damit unglaublich hohe Summen erspart“ erklärt Goschler.
Der Zwei-plus-Vier-Vertrag – für Deutschland ist er eine Art Schlussstrich unter Teilung und Nachkriegsordnung, mit allem, was dazu gehört. Andere Länder warten auf diesen Schlussstrich noch – bis heute.
Bundeskanzler Helmut Kohl (r), der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow (M) und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (l) unterhalten sich am 15.07.1990 in entspannter Atmosphäre an einem rustikalen Arbeitstisch in der freien russischen Natur, während die anderen Gäste unter anderem Raissa Gorbatschowa (M hinten) und Eduard Schewardnadse amüsiert die Szene betrachten.

Bundeskanzler Helmut Kohl (r), der sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow (M) und Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (l). (picture alliance / dpa)

„Deutsche Schuld gegenüber den Griechen“
Fast 24 Jahre später, März 2014, in Griechenland. Demonstranten skandieren „Gerechtigkeit!“. Die Forderung ist an Deutschland gerichtet, der damalige Bundespräsident Joachim Gauck ist zu Besuch und soll sie hören.
„Ich schäme mich auch dafür, dass das demokratische Deutschland, selbst als es Schritt für Schritt die Vergangenheit aufarbeitete, so wenig über deutsche Schuld gegenüber den Griechen wusste und lernte,“ sagte damals Gauck.
Von April 1941 an hielten deutsche Truppen Griechenland drei Jahre besetzt. Mehr als 300.000 Griechen kamen in der Zeit ums Leben, große Teile der Infrastruktur des Landes wurden zerstört.
Auch heute hat das Land mit dieser Vergangenheit noch nicht abgeschlossen. Wiederholt fordert das griechische Parlament Deutschland auf, seine Schuld aus dem Zweiten Weltkrieg auch finanziell zu begleichen.
„Wir haben immer nur gehört, die Sache könne erst nach der Wiedervereinigung diskutiert werden, um dann eine Gegenpartei zu haben, die tatsächlich als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches agieren kann. Aber nichts ist passiert,“ äußert sich der griechische Wirtschaftspolitiker der damaligen Regierungspartei Syriza, Giannis Milios, 2015 frustriert.
Ende der Forderungen mit den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen
Die Antwort der deutschen Regierung ist allerdings stets dieselbe. Der damalige Vizekanzler Sigmar Gabriel: „Die Wahrscheinlichkeit ist Null. Weil wir eine klare rechtliche Antwort auf solche Forderungen haben, nämlich, dass spätestens mit den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen und den Ergebnissen alle diese Themen rechtlich beendet worden sind.“
„Natürlich hat man immer Argumentationslinien, die vorgeprägt sind. Der Krieg ist so lange vorbei, das hat sich alles erledigt, der Zwei-plus-Vier-Vertrag…,“ sagt der Berliner Historiker Hartmut Rübner. Er hat zur deutschen Reparationsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg geforscht.
„Wenn man das dann dezidiert nochmal aufarbeitet und sich anguckt im Einzelnen, auch im geschichtlichen Verlauf, wie sind die Entscheidungsfindungsprozesse eigentlich abgelaufen über die Jahrzehnte, dann entsteht da ein ganz anderes Bild.“
Tatsächlich haben die Griechen in der Nachkriegszeit wiederholt auf ihre offenen Reparationsforderungen hingewiesen. Allerdings reagierte die deutsche Seite abweisend: Erst wenn es einen Friedensvertrag gebe, der gleichfalls die deutsche Frage kläre und damit bestenfalls die Teilung des Landes beende – so hieß es – könne auch das Thema Reparationen geklärt werden.
Bundesregierung und das Londoner Schuldenabkommen
Dabei stütze sich die Bundesregierung stets auf das Londoner Schuldenabkommen, das 1953 von rund 20 Staaten geschlossen wurde. Es regelte Deutschlands offene Auslandsschulden – Kredite, die zu großen Teilen aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg stammten, erklärt Historiker Constantin Goschler: „Während die Reparationsfrage auf Eis gelegt wurde und nach den damaligen Verhältnissen auf ewige Zeit.“
Denn die teilnehmenden Staaten einigten sich, die gleichfalls vorhandenen Reparationsforderungen an Deutschland nicht jetzt, sondern später in einem Friedensvertrag zu regeln, den es allerdings nur mit einem vereinigten Deutschland geben konnte.
„Das konnte man damals zwar nicht laut sagen, aber irgendwie war es vor dem Hintergrund der damaligen Zeit klar, dieser Friedensvertrag wird nie kommen. Das hat man zumindest geglaubt,“ so Goschler.
Die Sache mit dem Friedensvertrag
Bis zum Herbst/Winter 1989/90. Als die Mauer fällt, rückt die Lösung der deutschen Frage, eine tatsächliche Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, plötzlich in greifbare Nähe – und die Frage nach Reparationen ist wieder aktuell. „Was von vornherein für uns ausschied, war die Verhandlung über einen Friedensvertrag,“ erinnert sich der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt und spätere Verhandlungsführer im Zwei-plus-Vier-Prozess, Dieter Kastrup, in seinem Wohnhaus in Bonn: „Und zwar im Wesentlichen aus drei Gründen: Ein Friedensvertrag wird üblicherweise in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung von Kampfhandlungen abgeschlossen. Seit Beendigung des Krieges waren 45 Jahre vergangen.“
Zudem hätte mit allen Staaten, die sich 1945 mit Deutschland im Krieg befanden, über einen solchen Friedensvertrag verhandelt werden müssen.
„Wir wussten die genaue Zahl gar nicht genau. 50 oder 55 oder mehr. Verhandlungen in diesem Rahmen zu führen, man hätte sich vorstellen können, wohin das geführt hätte,“ so Kastrup.
Kredite, Entschädigungen, großzügige Finanzhilfen
Ein Vertragsabschluss und die Wiedervereinigung innerhalb weniger Monate – das wäre dann nicht möglich gewesen. Kastrup dazu: „Und schließlich der dritte, auch nicht ganz unwesentliche Grund war: Wir hätten dann auch über Reparationen reden müssen. Und das wollten wir nicht, weil wir der Auffassung waren, durch die europäische Zusammenarbeit und das, was die Bundesrepublik Deutschland in diesem Zusammenhang an Leistungen erbracht hatte, hatte sich das Thema Reparationen überholt.“
Diese politische Zusammenarbeit und die Leistungen, auf die Deutschland im Rahmen von Reparationsforderungen häufig verweist, begannen in den 1960er Jahren. So gewährte Deutschland Griechenland einen Kredit von 200 Millionen D-Mark zu besonders günstigen Zinsen und es gab es großzügige Finanzhilfen, unter anderem für Entwicklungshilfeprojekte und Rüstungsausgaben.
Außerdem schloss die Bundesregierung verschiedene Abkommen zur Entschädigung der Opfer des Krieges und NS-Regimes – bilateral mit mehreren Staaten, auch mit Griechenland.
„Das ist im Grunde genommen der politische Ansatz der Bundesregierung, die sagt: Wir haben das Reparationsproblem in einen politischen Mechanismus der Zusammenarbeit übersetzt“, sagt Historiker Constantin Goschler: „Und ich finde den Gedanken jetzt auch grundsätzlich nicht mal verkehrt. Die Frage ist wirklich, wovon man mehr hat.“
Das Konzept eines starken Deutschlands
Viele ehemalige Kriegsgegner hätten vom relativ schnellen Wiedererstarken der westdeutschen Wirtschaft profitiert. Die Bundesrepublik habe die europäische Integration maßgeblich mit vorangetrieben, Wirtschafts- und Entwicklungshilfen geleistet.
Genau das sei das Ziel der amerikanischen Nachkriegspolitik gewesen: Deutschland zu stärken, statt das Land durch immense Reparationszahlungen möglicherweise zu schwächen. „Die Idee war ja dann eher, also vor allem das amerikanische Konzept war, lass uns einen anderen Ansatz ausprobieren, nämlich: Lass uns gucken, dass Deutschland wieder ein funktionierender Teil der westlichen Wirtschaft wird und auf die Art und Weise die anderen Länder sozusagen etwas davon haben.“
Auch deshalb ist die BRD zur Jahreswende 1989/90 wirtschaftlich wie politisch stark – stark genug für eine mögliche Wiedervereinigung und stark genug, in der Frage nach einem Friedensvertrag kompromisslos zu bleiben.
Zurückhaltung bei den Sowjets
Im Institut für Zeitgeschichte, kurz IfZ, in Berlin lagern die politischen Akten aus der Zeit. IfZ-Historiker Tim Geiger hat sie durchgearbeitet und kennt die Gesprächsnotizen zum Thema Friedensvertrag und Reparationen.
„Die Amerikaner akzeptieren es ohne Probleme und sagen: Absolut nachvollziehbar. Es würde nicht mehr in die Zeit passen, und es würde sozusagen Westdeutschland als ökonomisches Zentrum Westeuropas möglicherweise ausknocken. Die Briten sind am Anfang sehr zurückhaltend und Maggie Thatcher will durchaus einen Friedensvertrag. Aber wird eher von ihrem Foreign Office überzeugt: Die sagen es macht ökonomisch tatsächlich keinen Sinn“, sagt Geiger.
Die Franzosen hätten sich in der Frage – Friedensvertrag oder nicht – weitgehend zurückgehalten. „Wer wirklich schwer daran knabbert, sind die Sowjets. Die wollten zunächst das Wort drin haben“, so Geiger. Es sei zu Diskussionen gekommen.
„Die Gespräche sind sehr kernig, die gehen auch durchaus kontrovers hin und her. Die Sowjets werfen es denn auch noch mal im Zuge der Zwei-plus-Vier Ministergespräche, vor allem aber auch in den Beamtengesprächen immer wieder mal auf, akzeptieren es schließlich aber, weil auch die Sowjetunion drängendere Probleme hat“, erklärt Geiger.
„Schmiermittel für die deutsche Einheit“
Die Sowjetunion befindet sich zum Jahreswechsel 1989/1990 in einer Wirtschafts- und Finanzkrise. Der Winter ist hart, die Lebensmittel gehen aus. Geiger erklärt: „Das führt letztlich dazu, dass die Deutschen auch noch Teile ihrer Lebensmittelkonserven an die Sowjetunion liefern.“ In gewissem Maße seien diese Lieferungen Anfang 1990 wohl so etwas wie ein „Schmiermittel, um die deutsche Einheit zu ermöglichen“, Geiger.
Das Thema Friedensvertrag ist vom Tisch – doch noch ist nicht klar, worüber stattdessen verhandelt werden soll und vor allem: in welchem Rahmen?
„Man muss ehrlich sein, wir waren von der Entwicklung überrascht worden, wir waren nicht in der Lage, in die Schublade zu greifen und ein Konzept für eine solche Entwicklung hervorzuholen und danach zu handeln“, sagt Dieter Kastrup.
Ungewisses Zeitfenster für eine Wiedervereinigung
Die politisch Verantwortlichen in Bonn wissen allerdings: Es müssen schnelle Entscheidungen getroffen werden. Wie lange das Zeitfenster für eine mögliche Wiedervereinigung offen bleibt, wie lange die geopolitische Lage eine neue Ordnung zu läßt – niemand weiß es. Sorge bereitet insbesondere die unklare innenpolitische Lage in der Sowjetunion.
„Wir wussten, dass die Politik Gorbatschows auf nicht unerhebliche innenpolitische Widerstände in Moskau stieß. Wir konnten nicht sicher sein, wie lange der Generalsekretär der KPdSU diesen Kurs würde durchhalten können“, so Kastrup.
Die Telefone stehen nicht mehr still, auf allen Ebenen finden multi- und bilaterale Gespräche statt. Wer soll mit am Tisch sitzen, wenn die Nachkriegsordnung neu verhandelt wird? Etliche europäische Staaten melden Mitspracherechte an. Doch die bundesdeutsche Regierung möchte den Kreis klein halten.
„Wenn es zwei Väter gibt für den Erfolg dieser Formel, die dann als Zwei-plus-Vier in die Geschichte eingegangen ist, dann sind es Hans-Dietrich Genscher und sein amerikanischer Kollege James Baker, dem es gelungen ist, nicht nur die Sowjets, sondern auch die Franzosen und Engländer davon zu überzeugen, dass dieses das richtige Format ist“, sagt Kastrup.
Genscher verhandelte die Rahmenbedingungen
Im Februar 1990, bei einem Treffen von Nato und Warschauer Pakt im kanadischen Ottawa stellt der damalige bundesdeutsche Außenminister Hans Dietrich Genscher das Format der Öffentlichkeit vor, nur einen Monat später finden in Bonn die ersten vorbereitenden Gespräche auf Beamtenebene statt, im Mai dann die erste offizielle Verhandlungsrunde – ebenfalls in Bonn.
Genscher tritt danach sichtlich bewegt vor die Presse: „Mit Befriedigung konnte ich Übereinstimmung in folgenden Punkten feststellen: Der Wille der Deutschen, ihre Vereinigung ordnungsgemäß und ohne Verzögerung zu vollziehen, wurde von allen Teilnehmern anerkannt. Die Einheit Deutschlands soll zu einem Gewinn für alle Staaten werden. Ziel der Gespräche ist es, eine abschließende völkerrechtliche Regelung und die Ablösung der Vier-Mächte-Rechte und –Verantwortlichkeiten zu erreichen.“
Die Nato-Bündnismitgliedschaft eines vereinigten Deutschlands, die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze zu Polen, der Abzug der alliierten und vor allem sowjetischen Truppen aus Deutschland – alle, zum Teil durchaus strittigen Fragen, werden in den kommenden zwei Verhandlungsrunden im Juni in Ost-Berlin und Juli in Paris geklärt.
Der damalige Staatssekretär Dieter Kastrup: „Es war eine Zeit, die in ihrer Emotionalität und in ihrer Arbeitsintensität für alle, die damit befasst waren, nicht zu überbieten ist.“
Bush und Gorbatschow als Helfer der Wiedervereinigung
Vor allem die USA hätten eine tragende Rolle in den Verhandlungen eingenommen und die deutschen Positionen immer wieder gestärkt.
„Ohne diese tatkräftige amerikanische Unterstützung wäre die Vereinigung nicht so und nicht so schnell gekommen, wie sie tatsächlich gekommen ist“, erinnert sich Kastrup.
Die USA helfen zum Beispiel maßgeblich, die sowjetische Führung davon zu überzeugen, dass ein vereinigtes Deutschland Mitglied der Nato sein darf. Noch bis weit den Frühling 1990 hinein pocht die Sowjetunion darauf, dass Deutschland neutral bleiben müsse – also keinem Staatenbündnis angehören dürfe.
„George Bush hat uns geholfen, wie kein zweiter, neben Gorbatschow, in Sachen deutscher Einheit“, erinnert sich später Bundeskanzler Helmut Kohl: „Wenn ich darüber nachdenke, glaube ich schon, dass wir sagen können, wir sind mit Gottes Hilfe und der Hilfe von einigen Freunden und mit Fortune diesen Weg gegangen.“
Unterzeichnung des Zwei-plus-Vier-Vertrags vor 30 Jahren
Am 12. September 1990, vor 30 Jahren, treffen die zwei deutschen Staaten plus die vier Siegermächte ein letztes Mal zusammen – im Hotel Oktjabrskaja in Moskau – und unterzeichnen den Zwei-plus-Vier-Vertrag.
„Wenn Sie die Einigung von Ottawa am 13. Februar 1990 als Beginn dieses Prozesses nehmen und die Unterschrift unter den Zwei-Plus-Vier-Vertrag am 12. September desselben Jahres, da liegen dazwischen fast auf den Tag genau sieben Monate. In der Tat, es war eine äußerst intensive Zeit, aber es ist gelungen, alle Fragen in befriedigender Weise zu lösen“, sagt der damalige Staatssekretär Dieter Kastrup. Und so feiert Deutschland nur drei Wochen später seine Wiedervereinigung. „Nach über 40 bitteren Jahren der Teilung, ist Deutschland, unser Vaterland wiedervereint“, erklärte seiner Zeit Bundeskanzler Helmut Kohl.

 

Feindstaatenklausel

Die Feindstaatenklausel ist eine Klausel in den Art. 53 UN-Charta und Art. 107 sowie ein Halbsatz in Art. 77 Charta (oder Satzung) der Vereinten Nationen (SVN), wonach gegen so genannte Feindstaaten (englisch enemy states) des Zweiten Weltkrieges von den Unterzeichnerstaaten Zwangsmittel ohne besondere Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat verhängt werden könnten, falls die Feindstaaten erneut eine aggressive Politik verfolgen sollten. Die Feindstaatenklauseln wurden durch Resolution 49/58 der Generalversammlung vom 9. Dezember 1994 offiziell für „hinfällig“ (“obsolete”) erklärt, der Passus ist jedoch weiterhin in der Satzung enthalten. Sie schlossen auch militärische Interventionen mit ein. Als „Feindstaaten“ wurden in Artikel 53 jene Staaten definiert, die während des Zweiten Weltkrieges Feind eines Signatarstaates der UN-Charta waren (also primär Deutschland und Japan bzw. das Deutsche Reich und japanische Kaiserreich).

Auch wenn die Charta der Vereinten Nationen nach wie vor eine Feindstaatenklausel enthält, sieht die Bundesrepublik laut Veröffentlichungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags aufgrund der einschlägigen Resolution der UN-Generalversammlung (2005) zu einem gesonderten Verfahren keinen Anlass.

Das von den Staats- und Regierungschefs verabschiedete Dokument des Gipfels vom September 2005 (A/RES/60/1) enthält den Beschluss, die Bezüge zu „enemy states“ in den Artikeln 53, 77 und 107 der Charta der Vereinten Nationen zu streichen. Dies erforderte allerdings eine Änderung des Charta-Textes nach dem dafür vorgeschriebenen Verfahren durch Beschluss mit Zweidrittelmehrheit sowie anschließende Ratifikation durch ebenfalls zwei Drittel der Mitgliedstaaten. In einer Information von 2007 heißt es, die Bundesregierung brächte dieses Anliegen bei der nächsten Änderung der Charta ein. Eine separate Forderung nach Änderung ausschließlich zur Streichung der Feindstaatenklauseln wird aber nicht ausgesprochen, da sie in gewissem Gegensatz zur erwähnten Rechtsauffassung der Bundesregierung stünde, die Klauseln gölten bereits jetzt nicht mehr.

In der heutigen internationalen Politik spielt die Feindstaatenklausel keine Rolle mehr. Nach ganz herrschender Meinung in der Völkerrechtswissenschaft ist sie (längstobsolet.

Anträge auf Streichung von Seiten der AfD

Die AfD dringt immer wieder auf Reformen der Charta der Vereinten Nationen. So forderte sie die Bundesregierung in einem Antrag Ende Oktober 2020 unter anderem dazu auf, sich beharrlich für die Streichung der Feindstaatenklausel aus der Charta der Vereinten Nationen einzusetzen.

Deutscher Bundestag zur Feindstaatenklausel in der Charta der Vereinten Nationen

Die Charta der Vereinten Nationen enthält nach wie vor eine Feindstaatenklausel (enemy states), die sich vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges auf Deutschland und Japan bezieht, jedoch mehrfach von offizieller Seite her für obsolet erklärt wurde (1995, 2005). Für ihre Streichung bedarf es einer Änderung der Charta. Die offizielle Haltung der Bundesregierung geht aus Anhang (1) hervor. Auf dem VN-Gipfeltreffen des Jahres 2005 gaben die Staats- und Regierungsoberhäupter im Abschlussdokument ihrem Willen Ausdruck, die Streichung der hinfälligen Klausel ins Auge zu fassen (Ziffer 177, siehe Anlage 2). Dies wird jedoch nur im Rahmen eines Gesamtpakets und aufgrund des aufwändigen Verfahrens nicht gesondert geschehen. Die Bundesrepublik Deutschland sieht aufgrund der einschlägigen Resolution der VN-Generalversammlung
zu einem gesonderten Verfahren keinen Anlass.

https://www.bundestag.de/resource/blob/484610/dc5a3c061feef095da5885a52b92134c/wd-2-147-07-pdf-data.pdf

Anarchist Marxist: Auf den Punkt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der darauf folgenden Teilung Deutschlands gab es viele politische und rechtliche Herausforderungen.

Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg: Nach dem Krieg wurde Deutschland von den Alliierten besetzt, und es gab keinen endgültigen Friedensvertrag, der das Land wieder als souveränen Staat anerkannte. Stattdessen wurden verschiedene Vereinbarungen getroffen, die Deutschland in verschiedene Besatzungszonen teilten.

2+4 Vertrag: Der Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland, besser bekannt als 2+4 Vertrag, wurde 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik und den vier Besatzungsmächten – den USA, der Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich – unterzeichnet. Dieser Vertrag erlaubte es Deutschland, sich wieder zu vereinigen und volle Souveränität zurückzugewinnen.

Teilsouveränität: Der 2+4 Vertrag stellte die Grundlage für die Wiedervereinigung Deutschlands dar und gab dem Land erhebliche Souveränität zurück. Allerdings wurde auf einen offiziellen Friedensvertrag verzichtet, nicht zuletzt weil die Interessen der Alliierten und die historische Aufarbeitung des Krieges komplex waren.

Gründe für den Verzicht auf einen Friedensvertrag: Ein gesonderter Friedensvertrag wäre als zu kompliziert und möglicherweise politisch problematisch angesehen worden. Zudem waren die Rahmenbedingungen, insbesondere die geopolitischen Veränderungen nach dem Kalten Krieg, so, dass ein formeller Friedensvertrag als nicht mehr notwendig erachtet wurde.

Fazit

Insgesamt brachte der 2+4 Vertrag eine neue Ära für Deutschland und sicherte die Teilsouveränität des Landes, auch wenn er formal keinen “friedensvertraglichen” Status im herkömmlichen Sinne darstellt.

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