Virginia Louise Roberts Giuffre

Giuffre hält ein Foto von sich als Jugendliche.

Virginia Louise Roberts Giuffre (* 9. August 1983 als Virginia Louise Roberts in SacramentoKalifornien; † 25. April 2025 in NeergabbyWestern Australia) war eine US-amerikanischaustralische Klägerin in mehreren Schmerzensgeldverfahren gegen Prinz AndrewAlan M. Dershowitz und Jean-Luc Brunel wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen. Zudem war sie die Hauptklägerin gegen den bereits wegen Prostitution einer Minderjährigen verurteilten Jeffrey Epstein, der angeklagt war, einen Ring zur sexuellen Ausbeutung von Minderjährigen unterhalten zu haben, bis er im Juli 2019 festgenommen wurde und im darauf folgenden Monat in seiner Gefängniszelle in der Untersuchungshaft starb.

Als Minderjährige soll Virginia Giuffre über Jeffrey Epstein an den britischen Prinzen Andrew geraten und von ihm missbraucht worden sein. In einem Interview für die BBC-Sendung Panorama vom Oktober 2019, das am 2. Dezember ausgestrahlt wurde, beschrieb Giuffre dem britischen Prinz Andrew ihre Erfahrungen mit dem Sexhandel durch Epstein, was dazu beitrug, die öffentliche Meinung gegen den Prinzen zu wenden. Sie verklagte den Prinzen daraufhin vor einem Zivilgericht in New York. Die Klage wurde im Februar 2022 beigelegt, wobei Prinz Andrew einen nicht genannten Betrag an Giuffre zahlte und eine beträchtliche Spende an ihre Wohltätigkeitsorganisation leistete. Giuffre beging im April 2025 Suizid.

Prinz Andrew stritt die Missbrauchsvorwürfe stets ab. Er behauptete, sein mutmaßliches Opfer nie getroffen zu haben, und dass ein Foto, das die beiden vor gut 20 Jahren gemeinsam zeigt, gefälscht sei. Bevor es zu einem Prozess kam, einigten sich Giuffre und Andrew außergerichtlich. Im Gegenzug zahlte der Prinz Berichten zufolge mehrere Millionen Pfund. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe musste Andrew seine militärischen Ehrentitel abgeben und trat seither nur noch selten in der Öffentlichkeit auf.

Donald Trump und Jeffrey Epstein: Der Präsident und das „gestohlene“ Mädchen

Das wohl bekannteste Epstein-Opfer: Virginia Giuffre nahm sich im April das Leben.

Sie ist das wohl bekannteste Opfer des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein. Im Alter von 17 Jahren soll sie der Investmentbanker als Masseurin eingestellt und in die Prostitution gedrängt haben. Mehr als zwei Jahre lang wurde sie nach ihrer Aussage „wie ein Teller mit Obst“ zwischen den Freunden des Milliardärs aus der High Society herumgereicht. Im April diesen Jahres hat sie sich das Leben genommen.

Doch Donald Trump blickt auf das Missbrauchsopfer Virginia Giuffre so ähnlich wie auf einen verpatzten Immobiliendeal. Bis zum Sommer 2000 hatte die damals Minderjährige im Wellness-Bereich seines Luxus-Anwesens Mar-a-Lago in Florida gearbeitet. „Ich habe ein großartiges Spa, eines der besten Spas der Welt“, prahlte der Präsident am Dienstag. Doch dann sei Epstein gekommen und habe Giuffre abgeworben: „Er hat sie gestohlen.“

Die Klage eines feudalistischen Herrschers

Was wie die befremdliche Klage eines feudalistischen Herrschers klingt, soll tatsächlich ein Entlastungsargument sein. Seit Wochen nämlich wird Trump die Epstein-Affäre nicht los. Es geht um die Frage, wie gut er den 2019 auf mysteriöse Weise im Gefängnis verstorbenen Betreiber eines Mädchenmissbrauchrings kannte und ob er in dessen schmutzigen Geschäfte verwickelt war, was Trump entschieden bestreitet.

Anfangs hatte Trump versucht, die ganze Angelegenheit herunterzuspielen. „Ich verstehe nicht, warum der Epstein-Fall irgendjemanden interessieren sollte“, bügelte er Mitte Juli eine Journalistenfrage ab: „Es ist ziemlich langweiliges Zeug.“ Nachdem diese Methode nicht funktionierte, scheint sich der Präsident nun für die entgegengesetzte Strategie entschieden zu haben: Er redet freiwillig und ungewöhnlich detailliert über die angeblichen Gründe für seinen Bruch mit dem Sexualstraftäter.

Donald Trump (v.l.) und seine späteren Frau Melania im Jahr 2000 mit Jeffrey Epstein und Freundin Ghislaine Maxwell in Palm Beach. Quelle: Getty Images

Donald Trump (v.l.) und seine späteren Frau Melania im Jahr 2000 mit Jeffrey Epstein und Freundin Ghislaine Maxwell in Palm Beach.

Schon bei einem Treffen mit dem britischen Premierminister Keir Starmer auf seinem Golfplatz im schottischen Turnberry hatte Trump am Montag gesagt, er habe Epstein aus seinem Privatclub Mar-a-Lago ausgeschlossen, weil dieser wiederholt Beschäftigte abgeworben habe. Auf dem Rückflug am Dienstag ließ sich Trump auf einen längeren Austausch mit den Journalisten ein. Wieder erhob er den Vorwurf gegen Epstein. Er habe ihn gewarnt. Als Epstein trotzdem weitergemacht habe, habe er gesagt: „Raus hier!“

„Ich glaube, sie arbeitete im Spa“

Auf die Nachfrage, ob es sich bei den Abgeworbenen um junge Frauen gehandelt habe, sagte Trump: „Die Antwort ist ja.“ Eine konkrete Frage zu Giuffre wollte er zunächst nicht beantworten und wich aus. „Ich glaube, sie arbeitete im Spa.“ Doch kurz darauf erklärt er unmissverständlich: „Er hat sie gestohlen.“

Doch die vermeintlich entlastende Darstellung passt nicht zu früheren Aussagen von Trump und anderen Zeugen. Giuffre sagte vor Gericht aus, dass sie Mitte 2000 in Mar-a-Lago von Ghislaine Maxwell angesprochen wurde. Maxwell ist die Komplizin von Epstein, die gerade eine 20-jährige Haftstrafe in Florida verbüßt und immer mehr zur Schlüsselfigur der Affäre wird. Die Kupplerin bot der Teenagerin eine Stelle als Masseurin und die Finanzierung einer Ausbildung in diesem Beruf an. Giuffre willigte ein – was zu dem sexuellen Missbrauch führte.

Nach Trumps Schilderungen überwarf er sich „nicht lange danach“ mit Epstein. Dem widerspricht, dass er den Investmentbanker noch 2002 im „New York Magazine“ als „großartigen Kerl“ bezeichnete, mit dem er „viel Spaß“ habe: „Man sagt, dass er schöne Frauen so sehr mag wie ich, und viele sind von der jüngeren Art.“ Das „Wall Street Journal“ hatte zudem kürzlich von einem anzüglichen Brief Trumps zum 50 Geburtstag Epsteins im Jahr 2003 berichtet, in dem Trump eine nackte Frau malte und von einem „Geheimnis“ sprach. Trump selber hatte in der Vergangenheit das Ende seiner Beziehung zu Epstein auf 2004 terminiert.

Die Schlüsselfigur der Epstein-Affäre

Damit scheint eine Aussage der einzigen noch lebenden Zeugin Ghislaine Maxwell immer bedeutsamer. Tatsächlich konzentriert sich das öffentliche Interesse zunehmend auf die 63-Jährige, die die minderjährigen Mädchen für Epstein rekrutierte: Vizejustizminister Todd Blanche hat sie in der vergangenen Woche im Gefängnis in Tallahassee insgesamt neun Stunden befragt. Der mächtige Kontrollausschuss des Kongresses hat Maxwell für den 11. August vorgeladen.

Doch ist höchst fraglich, ob auf diese Weise die Wahrheit ans Tageslicht kommt. Nicht nur hat Maxwell in der Vergangenheit vor Gericht mehrfach gelogen. Auch dürfte Blanche, der bis zur Wahl als persönlicher Anwalt von Trump arbeitete, kaum Interesse an belastendem Material gegen seinen Boss haben – eher das Gegenteil. Vor dem Kongress wiederum will Maxwell nur unter der Bedingung aussagen, dass ihr Immunität zugebilligt wird und das oberste Bundesgericht der USA zuvor über den Einspruch gegen ihre Verurteilung im Jahr 2021 entscheidet. Das kann dauern.

Das eigentliche Interesse der Sexualstraftäterin ist offenbar noch weiteichender: Ihr Anwalt wirbt offen damit, dass sich Maxwell im Falle einer Begnadigung selbstverständlich äußern werde. Glaubhaft wäre eine Aussage aber kaum: Über die Begnadigung entscheidet ausgerechnet Trump.

„Jeffrey Epstein: Stinkreich“: Der Monster-Milliardär und die Mädchen

Chauntae Davies und Jeffrey Epstein in der dritten Episode der Serie

Die erschütternde Netflix-Serie „Jeffrey Epstein: Stinkreich“ dokumentiert die Machenschaften eines US-Investmentbankers, der zahllose junge Frauen missbraucht haben soll.

Palm Beach in Florida ist eine Glitzerinsel mit Villen, Yachten und sehr reichen Menschen. Auf dem Festland direkt daneben liegt West Palm. Hier gibt es Trailerparks, billige Autos und Menschen, die jeden Dollar umdrehen müssen. Außer einer Brücke verbindet diese beiden Welten kaum etwas.

Wenn jemand aus West Palm sie überquert, geht es meist um einen Job. So auch bei Shawna Rivera: Sie beginnt mit 14 Jahren regelmäßig in Palm Beach zu arbeiten. Ein Taxi bringt sie in das Anwesen des Milliardärs Jeffrey Epstein. Er bezahlt 200 Euro für „Massagen“, die jedoch Akte sexualisierter Gewalt sind.

Der Investmentbanker lockte mit Geld und Versprechungen

„Ich ging in eine Art Autopilot-Modus, wollte es einfach nur hinter mich bringen und nach Hause gehen“, sagt Rivera über diese Zeit Anfang der nuller Jahre. Sie ist damals eines von mehreren Dutzenden Mädchen, die Ähnliches in der Villa erlebt haben.

Eine vierteilige Netflix-Serie dokumentiert nun unter dem Titel „Jeffrey Epstein: Stinkreich“ ihre Schicksale und das kriminelle System des Investmentbankers, der 2019 in einem New Yorker Gefängnis starb, bevor ihm der Prozess gemacht werden konnte. Ein Prozess, der mindestens 20 Jahre überfällig war, wie die gut recherchierte Serie von Regisseurin Lisa Bryant mit niederschmetternder Deutlichkeit zeigt.

Zahlreiche junge Frauen berichten in den jeweils knapp einstündigen Folgen von ihren schrecklichen Erlebnissen mit dem 1953 in New York geborenen Epstein. Vor allem jene, die über mehrmalige Vergewaltigungen sprechen, fällt das sichtlich schwer. Sie kämpfen noch Jahre später mit den Folgen dieser Traumatisierung. Man versteht sofort, warum unter den Namen der Zeuginnen stets das Wort „Überlebende“ eingeblendet wird.

Epstein nutzt die fragile Position und die schlechten Zukunftsperspektiven seiner Opfer schamlos aus. Viele von ihnen kommen wie Shawna, Tochter einer drogenabhängigen Mutter und eines kriminellen Vaters, aus zerrütteten Familien, manche hatten zuvor schon Missbrauch erlebt. Mit Geld und Versprechungen auf ein besseres Leben versteht es Epstein, sie in seinem Kosmos des Grauens zu halten.

Zentral darin ist seine (Ex)-Partnerin Ghislaine Maxwell, die ihm immer wieder Mädchen zuführt. So spricht sie zum Beispiel im Jahr 1999 auf dem Anwesen von Donald Trump in Palm Beach die 16-jährige Virginia Giuffre an, die dort einen Ferienjob hat. Als Maxwell sieht, dass sie ein Buch über Massagetechniken liest, lockt sie sie zu Epstein. Er werde ihr helfen, ihren Traum, Masseurin zu werden, zu erfüllen.

Polizei-Ermittlungen und Presse-Recherchen werden behindert

Stattdessen realisiert das Mädchen: „Ich bin die Sklavin dieser Leute.“ Beide werden immer wieder als charismatische, aber extrem manipulative Charaktere beschrieben. Giuffre, die später an Promi-Freunde und Geschäftspartner ausgeliehen wird, erklärt, dass Epstein und Maxwell ihr das Gefühl gaben, Teil einer ungewöhnlichen Familie zu sein, mit der man tolle Abenteuer erlebte.

Überlebende. Shawna Rivera berichtet von ihren Horrorerlebnissen. 

Jeffrey Epstein ist lange Zeit ein lebender Beweis dafür, dass man sich in den USA mit Geld tatsächlich alles kaufen kann. Er besaß nicht nur Immobilien, Jets und eine eigene Karibik-Insel, auf der er seine Machenschaften fernab der Öffentlichkeit fortsetzen konnte, es gelang ihm auch, sich jahrelang der Justiz zu entziehen

Ein Hauptaugenmerk von „Jeffrey Epstein: Stinkreich“ liegt auf Polizei-Ermittlungen und Presse-Recherchen, die der Milliardär immer wieder be- oder verhinderte – teils mittels massiver Einschüchterung.

Als sich 2008 die Schlinge doch einmal bedrohlich um ihn zuzieht, entgeht er einer potenziell lebenslänglichen Haftstrafe durch einen Deal mit der Staatsanwaltschaft. Ein skandalöser Vorgang, der aber keineswegs zu Epsteins sozialer Ächtung führt. Erst die Wucht der MeToo-Bewegung hat eine Neueinschätzung des Falles zur Folge, aus der schließlich die Verhaftung Epsteins resultiert. Lisa Bryant war da schon mitten im Dreh – und hatte plötzlich ein ganz neues Ende für ihre beeindruckende Serie.

Trump und die Verschwörer, die er rief

Jeffrey Epstein

Jeffrey Epstein ist seit sechs Jahren tot – doch der Fall lässt Amerika nicht los. Weil Donald Trump selbst Zweifel schürte, droht ihm nun der Kontrollverlust über seine eigene Bewegung.

Washington/New York (dpa) – Donald Trump hat sich in seiner Karriere mit vielen angelegt: den Medien, der Justiz, politischen Gegnern. Doch nun trifft er auf eine Macht, die er selbst geschaffen hat: seine treuesten Anhänger.

Der Grund: Im Fall des Sexualstraftäters Jeffrey Epstein hatte Trump einst versprochen, Licht ins Dunkel zu bringen und die geheimen Ermittlungsakten zu veröffentlichen – ein Versprechen, das tief in die Welt seiner verschwörungsgläubigen Basis hineinreichte.

Nun, zurück an der Macht, will der Präsident davon nichts mehr wissen. Der Aufschrei unter seinen Fans ist groß, eine Zerreißprobe droht. Was ist größer, der Glaube an die große Verschwörung oder die Loyalität zu Donald Trump?

Warum ist der Fall Epstein besonders?

Der Fall verknüpft schwerste Sexualverbrechen mit den obersten Kreisen der amerikanischen Elite. Finanzier Jeffrey Epstein, ein vielfacher Millionär, soll zwischen 2002 und 2005 minderjährige Mädchen – teils erst 14 Jahre alt – mit Geld angelockt und unter anderem in New York, Florida und auf seiner Privatinsel sexuell missbraucht haben. Unterstützt wurde er dabei von seiner langjährigen Partnerin Ghislaine Maxwell, die später verurteilt wurde.

Epstein pflegte enge Kontakte zu Prominenten: Bill Clinton, Bill Gates, Prinz Andrew – aber auch Michael Jackson, Stephen Hawking und David Copperfield tauchten laut Gerichtsakten bei zumindest einer Veranstaltung von ihm auf. Videos zeigen auch Epstein und Trump beim Feiern.

Bereits 2008 hatte Epstein durch einen für ihn vorteilhaften Deal ein Bundesverfahren in Florida umgangen – was ihn für viele zum Symbol einer moralisch und juristisch unantastbaren Elite machte. Der Fall eskalierte endgültig 2019, als Epstein nach seiner erneuten Verhaftung tot in seiner Gefängniszelle in New York aufgefunden wurde.

Hat er sich wirklich umgebracht?

Die Ermittlungen ergaben, dass es sich um Suizid handelte. Die Untersuchung der New Yorker Gerichtsmedizin stützte dies. Minister und hohe Beamte von drei US-Regierungen bekräftigten immer wieder, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass andere Personen an Epsteins Tod beteiligt waren. 

Dennoch halten sich Spekulationen hartnäckig – je nach politischer Ausrichtung wurden wahlweise die Clintons oder Donald Trump verdächtigt. Die Umstände nährten das Misstrauen: In der Todesnacht versäumten Wärter ihre Kontrollgänge, obwohl Epstein einen Monat zuvor bereits einen mutmaßlichen Suizidversuch unternommen hatte.

Was hatte Trump mit Epstein zu tun?

Trump und Epstein feierten gemeinsam in den 1990er Jahren, wie Videoaufnahmen zeigen. Laut Protokollen flog Trump mindestens siebenmal in Epsteins Privatjet. In einem Interview von 2002 nannte er Epstein einen «großartigen Mann» – und sagte über ihn: «Es wird sogar erzählt, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich. Und viele von denen sind eher von der jüngeren Sorte.» 2019 distanzierte sich Trump als Präsident von Epstein und erklärte, nichts vom Missbrauch gewusst zu haben. Epstein bezeichnete Trump laut Journalist Michael Wolff später als seinen ehemals «besten Freund» und erhob schwere, aber unbelegte Vorwürfe. 

Die Mischung aus reichen und mächtigen Männern, einer offenbar laschen Strafverfolgung und einem dubiosen Tod bereiteten den idealen Nährboden für Argwohn. Zumal der Missbrauch Minderjähriger im Zentrum weiterer breitenwirksamer rechter Verschwörungstheorien der jüngeren US-Geschichte steht, darunter das (längst widerlegte) sogenannte «Pizzagate», das behauptete, hochrangige Demokraten betrieben in einer Pizzeria in Washington einen Pädophilenring.

Was versprach Trump vor der Wahl? Was sagt er jetzt?

Nach Epsteins Tod zweifelte Trump immer wieder öffentlich an der Suizid-Version – obwohl er als Präsident Zugang zu allen Ermittlungsergebnissen hatte. Vor der Wahl 2024 zeigte er sich grundsätzlich offen für eine Freigabe der Akten, was viele Verschwörungstheoretiker in seiner Anhängerschaft begeisterte.

Dass er mit Kash Patel und Dan Bongino zwei Anhänger unbelegter Theorien an die Spitze des FBI berief, wurde als Signal gewertet. Doch nun die Kehrtwende: Patel und Bongino bestätigten die offizielle Version vom Suizid, Akten würden nicht freigegeben.

Auch Justizministerin Pam Bondi ruderte zurück – obwohl sie zuvor behauptet hatte, eine «Kundenliste» Epsteins liege auf ihrem Schreibtisch. Das Weiße Haus erklärte das mit einem Missverständnis. Trump selbst forderte seine Anhänger derweil auf, Epstein zu vergessen, und nannte den Fall einen «Schwindel».

Wieso hat Trump seine Meinung geändert?

Das ist unklar – und genau das befeuert Spekulationen. Denn wer ruft «Hier gibt es nichts zu sehen», steht selbst schonmal vor etwas, das sich sehr wohl zu betrachten lohnt. Unter Trumps Anhängern, scharf gemacht durch ihn selbst, fragen sich nun viele, ob ihr Präsident selbst etwas zu verbergen hat.

Nach dem Bruch zwischen Trump und Berater Elon Musk schrieb dieser vor einigen Wochen auf X: «Zeit, die wirklich große Bombe platzen zu lassen: @realDonaldTrump ist in den Epstein-Akten.» Belege lieferte er nicht.

Dass Trumps Name als Bekannter Epsteins in Ermittlungsunterlagen auftaucht, ist plausibel – ohne dass daraus automatisch Schuld folgt. So wurde er unter anderem auch in Gerichtsdokumenten in harmlosem Zusammenhang genannt. Ob die geheimen Akten des FBI mehr enthalten, ist offen. Trumps Verhalten trägt jedenfalls nicht zur Entkräftung des Verdachts bei. Manche spekulieren, er wolle womöglich andere mächtige Personen schützen.

Warum ist die Wende so brisant?

Die Affäre um Epstein berührt den Kern des von Trump geschürten Selbstverständnisses seiner «Maga»-Koalition: Trump als Kämpfer des kleinen Mannes gegen eine korrupte Elite, die das Land ausbeutet. Dieses Narrativ war so wirkmächtig, dass es zu seiner Rückkehr ins Weiße Haus beitrug – seine Anhänger glaubten ihm nahezu bedingungslos.

Nun aber steht der Verdacht im Raum, Trump könne selbst Teil jenes Systems sein, das er zu bekämpfen versprach. Das birgt politische Sprengkraft: Denn es prallen zwei zentrale Antriebskräfte seiner Bewegung aufeinander – die Wut auf die Eliten und die Loyalität zum Präsidenten.

Wie gefährlich ist das für Trump?

Der Druck wächst jedenfalls. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, sowie einige konservative Abgeordnete spüren den Unmut in ihren Wahlkreisen und fordern Transparenz – ebenso wie zahlreiche rechte Influencer. Angesichts ihrer sonst fast bedingungslosen Loyalität gegenüber Trump ist das bemerkenswert.

2016 behauptete Trump, er könne jemanden auf offener Straße erschießen, ohne Wähler zu verlieren. Doch der Bruch mit Teilen seiner treuesten Anhänger in der Epstein-Affäre könnte schwerer wiegen. Der 79-Jährige riskiert tiefe Risse im Fundament seiner Bewegung – und seine Partei womöglich eine herbe Niederlage bei den Kongresswahlen und damit Machtverlust. Um Vertrauen zurückzugewinnen, müsste Trump reagieren. Nur anders als bisher.

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